Die Gründe für das Börsenhoch
Von Wien bis Frankfurt und New York wurden zuletzt kräftige Zugewinne an den Aktienmärkten verzeichnet. Wo die Gründe dafür liegen und wo Gefahren lauern.
Josef Obergantschnig, Security KAG
Der heimische Börsenleitindex ATX hat seit Jahresbeginn mehr als 27 Prozent zugelegt, der deutsche DAX hat Mitte dieser Woche ein historisches Rekordhoch erreicht und kratzt an der Marke von 13.000 Punkten. Und an den Us-börsen wurden zuletzt fast täglich neue Höchststände verbucht. Woher rührt dieser kräftige und bereits seit Längerem anhaltende Aufwärtstrend? „Die global anziehende Konjunktur, die insgesamt noch immer expansive Geldpolitik der Notenbanken und die positive Grundstimmung an den Kapitalmärkten befeuern die Entwicklung“, so Josef Obergantschnig, Chefinvestor der Fondsgesellschaft Security KAG (Grawe-bankengruppe).
In den USA sorgten zuletzt die Steuerpläne von Trump, wie berichtet soll vor allem die Unternehmensbesteuerung sinken, für eine Hochstimmung auf den Finanzmärkten. In Europa würden sich nach wie vor die Wahlen in Frankreich positiv auswirken, „Macrons deutliche Bekenntnisse zu Europa und seine Arbeitsmarktreform kommen auch an den Börsen gut an“, so Obergantschnig.
Heuer werde auf den Aktienmärkten – global – ein Plus von 13 Prozent erwartet, „auch für nächstes Jahr sind die Aussichten gut“. Das liege weiterhin auch daran, dass die Nullzinspolitik in Europa andere Anlagemöglichkeiten im Vergleich zu Aktien unattraktiv erscheinen lässt. „Es spricht viel für Aktien. Vor allem in Europa sind wir von großen Übertreibungsphasen noch weit entfernt“, sagt Obergantschnig. In den USA seien Aktien indes „teilweise schon sehr hoch bewertet“. Durch die gute Konjunktur sei die Börsenentwicklung „aber auch fundamental begründet“.
Frei von Risiken und potenziell negativen Einflüssen ist die Situation freilich nicht. Zwar haben sich die Kapitalmärkte in jüngerer Vergangenheit „doch sehr resistent gegenüber geopolitischen Unsicherheiten gezeigt“, das könne sich – Stichwort Säbelrasseln in Nordkorea – aber auch ändern. „Auch all das, was rund um den Brexit und die stockenden Austrittsverhandlungen passiert, wird weitgehend ausgeblendet.“Obergantschnig sieht hier durchaus „ein Damoklesschwert, das nicht zu unterschätzen ist“.
Ende Oktober steht die nächste Zinssitzung der Europäischen Zentralbank an. Auch wenn sich an den Nullzinsen vorerst nichts ändern wird, sollte dabei ein langsamer Ausstieg aus dem billionenschweren Anleihenkaufprogramm in die Wege geleitet werden. „Wie die Schritte der EZB konkret aussehen werden, weiß man nicht, das ist auf den Aktienmärkten aus meiner Sicht auch noch nicht wirklich eingepreist“, so Obergantschnig. Was sich jedenfalls zeige: In den USA steigen durch die Zinserhöhungen auch die Renditen für Staatsanleihen. In den meisten Euroländern gibt es indes – zumindest bei Staatsanleihen mit Laufzeiten von bis zu fünf Jahren – weiterhin negative Zinsen.