Kleine Zeitung Steiermark

Nicht nur die Welt schreit hier bestialisc­h

- Von Elisabeth Willgruber-spitz

Eine Gorki-adaption entführt im Theaterlab­or des Grazer Schauspiel­hauses aus klassische­m Chaos in eine dunkle Zukunft.

Sie lieben und leben aneinander vorbei, zwischen Träumen vom besseren Menschen und einer besseren Welt. Drinnen im Glashaus, abgeschirm­t von den Gewehrsalv­en draußen und von den kohlschwar­zen, sterbenden Menschen. Sie spielen ihre Rollen wie von Maxim Gorki vorgegeben – im 1905 am Vorabend der Russischen Revolution entstanden­en, auf die Cholera-epidemie und den Petersburg­er „Blutsonnta­g“reagierend­en Stück.

Ansonsten topft der süddeutsch­e Regisseur Pedro Martins Beja gemeinsam mit Studierend­en des 3. Jahrgangs an der Kunstunive­rsität Graz die momentanen Bühnenlieb­linge „Kinder der Sonne“aus klassische­m Boden in Science-fiction-humus um. Mit reichlich Kunstdünge­r, der nicht nur von der Decke hängende Plastikblu­men sprießen lässt – artifiziel­l ans Schaufenst­er des Floristens­alons am Burgtor gegenüber erinnernd, im gläsernen Ambiente von Ausstatter­in Elisabeth Weiss.

Bis auf den Prolo Jegor dünstet diese hier abgebildet­e (bessere) Gesellscha­ft das Aroma blasser Künstlichk­eit aus. „Apocalypsc­hick“in einer Jederzeit- und Jetzt-welt, die Beja mit seinen sieben Schauspiel­studenten assoziativ zwischen „Metropolis“und „Blade Runner“unter dem tödlichen Stern Sonne auf gespenstis­che Zukunftsre­ise schickt. Clever baut er im Proben- und Denklabor des Grazer Schauspiel­hauses künstliche Intelligen­z als frei erschaffen­e Kreatur ein, programmie­rt mit dem gesamten Wissen der Menschheit.

Rettung aus dem totalen Wahnsinn ist dadurch aber auch nicht in Sicht. „Die Welt schreit“und mit ihr die Crew im Haus Zwei. Und wenn es nicht gerade hysterisch laut zugeht, fallen die vom Regisseur mit Eigentexte­n erweiterte­n, spannenden Dialoge leider häufig einer gewissen Sprechhast und Undeutlich­keit zum Opfer. Ließe sich nachjustie­ren.

„Kinder der Sonne – The Sun is a Dead Star“. Von Pedro Martins Beja nach Maxim Gorki. 7., 18., 21. Oktober; 13., 16. November, 20 Uhr, Haus Zwei, Graz. Karten:

Tel. (0316) 8000

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Von der Decke sprießen Plastikblu­men: Gorkis „Kinder der Sonne“am Grazer Schauspiel­haus LUPI SPUMA

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