Ein getrübtes Verhältnis
Wahlkampf in den Medien: so viele Tv-duelle wie nie, Inseratenstopps, der Vorwurf, selbst Politik zu machen.
Die einen sehen sich verfolgt und sprechen von medialen Hetzkampagnen. Die anderen orten in jedem kritischen Kommentar eine Majestätsbeleidigung und wollen Botschaften kontrollieren. Dazu kommen Inseratenstopps und Interviewboykotte. Kritische Beobachter konstatieren gar ein Totalversagen aller Beteiligten in diesem Wahlkampf – Politiker, Berater und Medien, die sich angeblich instrumentalisieren lassen. Und all das wird überschattet von Enthüllungen über diverse Schmutzkübel-aktivitäten. „Es wird auf jeden Fall wert sein, die letzten Monate aus wissenschaftlicher Sicht zu analysieren. Vor allem, was Kampagnen betrifft“, sagt Larissa Krainer, Expertin für Medienethik an der Uni Klagenfurt. Politikanalyst Peter Plaikner warnt in diesem Kontext davor, verallgemeinernd die „Medien“zu kritisieren. „Ja, es gibt schwarze Schafe in der Branche. Diese sollen auch benannt werden.“Die allgegenwärtige Empörung und Aufregung habe auch mit einem „völlig falschen Rollenbild von Journalismus und Medien“zu tun, das bei politischen Funktionären vorherrsche. Mit Kritik ist der Versuch verbunden, Journalisten unter Druck zu setzen. Die Parteien agieren zudem mit ihren eigenen Infokanälen und versuchen so ihre Botschaften zu platzieren.
Aus medienethischer Perspektive sei deshalb die strikte Trennung von Redaktion und Anzeigen nach wie vor besonders wichtig, sagt Krainer. „Die Freiheit der Berichterstattung hat uneingeschränkt zu gelten – wenn diese auf fundierter Recherche basiert und journalistische Kriterien eingehalten werden.“Sie konstatiert eine teils „problematische Zuspitzung auf die Spitzenkandidaten und zu wenig Auseinandersetzung mit den Inhalten“und fordert mehr programmatische Vergleiche und Faktenchecks.
Noch nie war die Anzahl der Fernsehduelle so hoch. Deren Bedeutung verstärkt sich durch die Rezeption in sozialen und klassischen Medien. In diesem Bereich ortet auch Plaikner Handlungsbedarf. „Wir laufen in der Berichterstattung Gefahr, einem Herdentrieb zu verfallen.“Breaking News folgen auf Breaking News. „Die Branche lässt sich oft vollkommen zu Unrecht treiben. Ich glaube nach wie vor, dass den klassischen Medien eine Entschleunigung guttun würde.“
Plaikner sieht in diesem Wahlkampf eine „Zäsur in unserer Mediengeschichte“. Nach der Wahl müsse man über „Inhaltsförderung“reden, nicht nur bei öffentlich-rechtlichen Medien. Das sei entscheidend, um künftig die demokratiepolitische Bedeutung von Medien und mögliche Finanzierungsmodelle sicherzustellen.