Kleine Zeitung Steiermark

Ein getrübtes Verhältnis

- Von Wolfgang Fercher

Wahlkampf in den Medien: so viele Tv-duelle wie nie, Inseratens­topps, der Vorwurf, selbst Politik zu machen.

Die einen sehen sich verfolgt und sprechen von medialen Hetzkampag­nen. Die anderen orten in jedem kritischen Kommentar eine Majestätsb­eleidigung und wollen Botschafte­n kontrollie­ren. Dazu kommen Inseratens­topps und Interviewb­oykotte. Kritische Beobachter konstatier­en gar ein Totalversa­gen aller Beteiligte­n in diesem Wahlkampf – Politiker, Berater und Medien, die sich angeblich instrument­alisieren lassen. Und all das wird überschatt­et von Enthüllung­en über diverse Schmutzküb­el-aktivitäte­n. „Es wird auf jeden Fall wert sein, die letzten Monate aus wissenscha­ftlicher Sicht zu analysiere­n. Vor allem, was Kampagnen betrifft“, sagt Larissa Krainer, Expertin für Medienethi­k an der Uni Klagenfurt. Politikana­lyst Peter Plaikner warnt in diesem Kontext davor, verallgeme­inernd die „Medien“zu kritisiere­n. „Ja, es gibt schwarze Schafe in der Branche. Diese sollen auch benannt werden.“Die allgegenwä­rtige Empörung und Aufregung habe auch mit einem „völlig falschen Rollenbild von Journalism­us und Medien“zu tun, das bei politische­n Funktionär­en vorherrsch­e. Mit Kritik ist der Versuch verbunden, Journalist­en unter Druck zu setzen. Die Parteien agieren zudem mit ihren eigenen Infokanäle­n und versuchen so ihre Botschafte­n zu platzieren.

Aus medienethi­scher Perspektiv­e sei deshalb die strikte Trennung von Redaktion und Anzeigen nach wie vor besonders wichtig, sagt Krainer. „Die Freiheit der Berichters­tattung hat uneingesch­ränkt zu gelten – wenn diese auf fundierter Recherche basiert und journalist­ische Kriterien eingehalte­n werden.“Sie konstatier­t eine teils „problemati­sche Zuspitzung auf die Spitzenkan­didaten und zu wenig Auseinande­rsetzung mit den Inhalten“und fordert mehr programmat­ische Vergleiche und Faktenchec­ks.

Noch nie war die Anzahl der Fernsehdue­lle so hoch. Deren Bedeutung verstärkt sich durch die Rezeption in sozialen und klassische­n Medien. In diesem Bereich ortet auch Plaikner Handlungsb­edarf. „Wir laufen in der Berichters­tattung Gefahr, einem Herdentrie­b zu verfallen.“Breaking News folgen auf Breaking News. „Die Branche lässt sich oft vollkommen zu Unrecht treiben. Ich glaube nach wie vor, dass den klassische­n Medien eine Entschleun­igung guttun würde.“

Plaikner sieht in diesem Wahlkampf eine „Zäsur in unserer Mediengesc­hichte“. Nach der Wahl müsse man über „Inhaltsför­derung“reden, nicht nur bei öffentlich-rechtliche­n Medien. Das sei entscheide­nd, um künftig die demokratie­politische Bedeutung von Medien und mögliche Finanzieru­ngsmodelle sicherzust­ellen.

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