Ein Preis, spannend wie ein Krimi
Nun ist es Kazuo Ishiguro geworden und schon wieder kein Österreicher, obwohl – wie in Literaturkreisen bekannt ist – in Wien mindestens ein Schriftsteller und eine Autorin seit Jahren am ersten oder zweiten Donnerstag im Oktober, wenn die Schwedische Akademie bekannt gibt, wem der Nobelpreis für Literatur zugesprochen wird, vor ihrem Telefonapparat warten, ob sie ein (An-)ruf aus Stockholm erreicht.
Beharren und Wunschkraft sind wirkungslos. Die rund acht Millionen Schwedischen Kronen bekommt, wer „das vorzüglichste Werk in idealistischer Richtung geschaffen hat“. Über die Vorzüglichkeit wundert man sich nicht selten ein bisschen. Weiter heißt es in Alfred Nobels Stiftungsurkunde, dass seine Preise „denen zugeteilt werden, die der Menschheit den größten Nutzen geleistet haben“, was weiter unkommentiert bleiben soll, zumal man sich auch hier mehr als ein bisschen wundern könnte. Ich frage mich, welchen Beitrag zum Frieden in der Welt Barack Obama tatsächlich geleistet hat. Willy Brandt und die zur Preisverleihung 17-jährige Kinderrechtsaktivistin Malala Yousafzai aus Pakistan sind mir bedeutend sympathischer.
Für die weiteren Nobelpreise, jene für Chemie, Medizin oder Physiologie und Physik sowie den Nobel-gedächtnispreis für Wirtschaftswissenschaften, interessiert sich kaum jemand. Das größte Gedränge ergibt sich jährlich um die Literatur. Die Buchmacher verdienen mehr als eine Nobelpreisgeldsumme … In diesem Zusammenhang muss ich über das Ranking immer lachen. Das Komitee kann sich wahrscheinlich vor Lachen nicht halten, wenn es im Internet liest: 1. Philip Roth, 2. Haruki Murakami, … 78. Claudio Magris und so weiter.
Das Gedränge wäre leicht aufzulösen, wenn das Nobelpreiskomitee, wie schon vier Mal in seiner Geschichte, die noble Auszeichnung nicht nur einem Dichter zusprechen würde, sondern – wie es bei den anderen Kategorien üblich ist – zwei oder drei Schreibern. Die lange Liste bei den Buchmachern wäre in wenigen Jahren abgearbeitet – und die Enttäuschung bei den am Telefon Wartenden noch größer.
Janko Ferk ist Schriftsteller, Jurist und lehrt an der Universität Klagenfurt