Kleine Zeitung Steiermark

Das war fast Kabarett, das war skurril, das war eigentlich der Witz des Tages.

- Von Christina Traar

Bei der letzten Sitzung vor der Nationalra­tswahl 2013 hatte das Parlament noch ein Mal tief in die Staatstasc­he gegriffen. Gesetze im Wert von 2,8 Milliarden Euro sind damals beschlosse­n worden. Die gestrige, letzte Nationalra­tssitzung der Legislatur­periode endete – anders als befürchtet – deutlich günstiger. Eine halbe Milliarde Euro sollen die beschlosse­nen Gesetze den Bund (laut den Angaben der Antragstel­ler) aber dennoch kosten.

188,5 Millionen entfallen dabei auf die einzigen zwei von der Noch-koalition gemeinsam eingebrach­ten Anträge. Einerseits wurde beschlosse­n, dass neben der Inflations­abgeltung für alle niedrige Pensionen aufgestock­t werden. Und anderersei­ts wurde der Ausbau der Kindergärt­en verlängert.

Der Großteil der neuen Gesetze ist einer ungewöhnli­chen Allianz zwischen SPÖ, FPÖ und Grünen zu verdanken. Der weitestrei­chende Beschluss, bei dem sich die Parteien erst am Nachmittag einig wurden: die Angleichun­g der Rechte von Arbeitern und Angestellt­en. Trotz Warnungen aus den Reihen von ÖVP und Neos wurde ein entspreche­ndes Gesetz beschlosse­n, das 27 Millionen Euro Kosten für die Sozialvers­icherung mit sich bringen soll. Ebenfalls einig wurden sich die drei Parteien bei den Internatsk­osten für Lehrlinge. Diese werden übernommen, 50 Millionen Euro soll das kosten. Zudem wurde die Verdopplun­g der Mittel für die Arbeitsmar­kt-integratio­n von behinderte­n Menschen beschlosse­n. Kostenpunk­t:

45 Millionen Euro. FPÖ-CHEF Heinz-christian Strache über die Rede von Bundeskanz­ler Kern

85 Millionen Euro kostet laut Grünen das von ihnen eingebrach­te Gesetz für die Notstandsh­ilfe. Mit den Stimmen von SPÖ und FPÖ wurde beschlosse­n, dass in Zukunft das Einkommen des Partners nicht mehr in die Betragsber­echnung miteinbezo­gen wird. Das Sozialmini­steri- um rechnet jedoch mit 160 Millionen Euro Kosten. Zwei Beschlüsse standen zu Redaktions­schluss noch aus. Alle Parteien außer die ÖVP dürften für die Abschaffun­g der Mietvertra­gsgebühr für Privatwohn­ungen stimmen. Ob eine gesetzlich­e Einschränk­ung von Bankomatge­bühren beschlosse­n wird, ist unklar.

Zahlreiche Reformen scheiterte­n jedoch, allen voran jene des Kindesunte­rhalts. SPÖ, ÖVP und FPÖ wurden sich nicht einig und brachten je eigene Anträge ein – alle wurden abgelehnt. Auch Anträge wie jener auf eine Volksbefra­gung zum Ceta-abkommen oder jener zur Festschrei­bung der Schuldenbr­emse in der Verfassung fanden keine Mehrheit.

Am Höhepunkt des Wahlkampfe­s war der Weg zu den Beschlüsse­n freilich steinig. Von neun Uhr Vormittag bis in die späten Abendstund­en wurde in der Hofburg hitzig diskutiert, die Abgeordnet­en lieferten sich immer wieder Schreiduel­le über die Reihen hinweg.

Vor allem die siebenminü­tige Erklärung von Bundeskanz­ler Christian Kern (SPÖ), in der er mehr inhaltlich­e Politik forderte, sorgte für Wirbel. „Das war fast Kabarett, das war skurril, das war eigentlich der Witz des Tages“, ätzte FPÖ-CHEF Heinzchris­tian Strache beispielsw­eise. Als Kern dann im Laufe der Debatte den Saal verließ, wurde es grotesk: In einer von den Grünen initiierte­n Abstimmung stimmten alle Parteien dafür, den Kanzler zurückzuho­len. Pikant: Auch die roten Abgeordnet­en standen auf. Gebracht hat es wenig, die Debatte wurde unterbroch­en und Kern musste erst später zurückkehr­en. Die FPÖ brachte zudem einen Misstrauen­santrag gegen Kern ein, der jedoch abgelehnt wurde. Einige Abgeordnet­e, die nach der Wahl nicht mehr in den Nationalra­t zurückkehr­en werden, nutzten ihre Redezeit zudem für Abschiedsw­orte.

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