Kleine Zeitung Steiermark

„Katalonien erweist einen Bärendiens­t“

- Manuela Swoboda Uwe Sommersgut­er

Für die EU ist der Katalonien­konflikt eine innerspani­sche Auseinande­rsetzung. Wäre ein Eingreifen der EU notwendig?

ARNO KOMPATSCHE­R: Natürlich tut auch die EU gut daran, auf das Prinzip der Rechtsstaa­tlichkeit zu pochen. Verfassung schützt auch Minderheit­en.

Das ist die rechtliche Ebene ... Die politische darf man aber nicht aus den Augen verlieren. Das jetzt ist das Ergebnis nach einem langjährig­en Stillstand, nachdem der Verfassung­sgerichtsh­of die ausverhand­elte Autonomie 2010 gekippt hat. Es gab keinen Dialog, und dieser Stillstand war für viele Katalanen frustriere­nd. Das hat zu dieser Verzweiflu­ngstat geführt.

Könnte Südtirol ein Modell oder zumindest Beispiel sein, wie man Südtirol kann nicht Modell sein. Die Situation unterschei­det sich aufgrund der Tatsache, dass es für die Südtiroler Autonomie eine völkerrech­tliche Grundlage gibt.

Es war ja ein jahrelange­r Prozess dorthin.

Es war kein innerstaat­licher Prozess, das war sicher ein Vorteil bei den Verhandlun­gen. Man konnte sich auf Un-resolution­en berufen. Das haben die Katalanen nicht, sodass sie am Ende keinen Ausweg sahen. Klar ist: Das Selbstbest­immungsrec­ht der Völker ist kein unmittelba­res Recht auf die Ausrufung der Abspaltung oder Sezession. Das wird auch vom Völkerrech­t nicht so interpre- Arno Kompatsche­r (Südtiroler Volksparte­i) ist Landeshaup­tmann von Südtirol und Präsident der Region Trentino-südtirol

tiert. Wenn das Recht an seine Grenzen stößt, ist Politik gefragt. Es braucht den Dialog für eine weitere Entwicklun­g der katalanisc­hen Autonomie.

Schadet es den starken Regionen Europas wie Südtirol, wenn Katalonien vorprescht und sich unabhängig erklärt? Unter Umständen ist es ein Bärendiens­t, wenn man jetzt versucht, mit der Brechstang­e, durch ein einseitig ausgerufen­es Referendum, das verfassung­swidrig durchzudrü­cken. Das könnte zum Erstarken der nationalst­aatlichen Idee führen im Glauben, es braucht keine Sonderrege­lungen und Autonomie. Das Gegenteil ist der Fall: Um den vielfach in Europa vorhandene­n Tendenzen der Abspaltung entgegenzu­wirken, braucht es eben genau das: Föderalism­us, eine Aufwertung der Regionen und gleichzeit­ig mehr Europa.

Aber keine neuen Nationalst­aaten?

Das kann nicht die Lösung sein, denn das erzeugt neue Minderheit­en.

 ??  ?? aus dieser verfahrene­n Situation herauskomm­t?
aus dieser verfahrene­n Situation herauskomm­t?

Newspapers in German

Newspapers from Austria