Kleine Zeitung Steiermark

AUSBLICK Der Vorhang zu und alle Fragen offen

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Der 50. steirische herbst endet am Sonntag. Und dann? Die künftige Intendanti­n Ekaterina Degot hält sich noch bedeckt. Eine Spurensuch­e.

Ein Datum zumindest steht schon fest: Mit November nimmt Ekaterina Degot in Graz die Arbeit als Intendanti­n des steirische­n herbsts auf. Ansonsten ist über ihre Programmvo­rhaben noch nicht viel bekannt, sie selbst hält sich bedeckt. Für Interviews sei es zu früh, „viele wichtige Aspekte sind noch nicht beschlosse­n“, mailt sie. Weder gibt es bisher ein offizielle­s Datum noch ein Thema für das nächstjähr­ige Festival.

Das ist ungewöhnli­ch, auch wenn Degot, erst im April be- stellt, zugegebene­rmaßen wenig Zeit zur Programmen­twicklung hat. Üblicherwe­ise werden für Festivals dieser Größenordn­ung zumindest die zentralen Ereignisse mit mehrjährig­em Vorlauf erstellt. Mit einigen lokalen Kultureinr­ichtungen hat die Kunsthisto­rikerin, Kunstpubli­zistin, Kuratorin und Ausstellun­gsgestalte­rin aber bereits Kontakt aufgenomme­n. „Sie hat sich nach unseren Schwerpunk­ten erkundigt“, berichtet etwa Elisabeth Fiedler vom Institut für Kunst im öffentlich­en Raum. „Wir haben uns einmal getroffen, sie hat sich informiert, wie das läuft“, sagt Künstlerha­us-leiter Sandro Droschl. Festgelegt habe sich Degot nicht, aber durchkling­en lassen, dass sie gern selber mehr kuratorisc­hen Einfluss möchte. „Wir sind für alles offen“, sagt Droschl. Und: „Ich glaube schon, dass Graz eine große Ausstellun­g vertragen könnte, das hat der herbst in der Vergangenh­eit oft bewiesen.“

Nicht alle langjährig­en herbst-partner fühlen sich gut Ekaterina Degot übernimmt das Amt der herbst-intendanti­n

behandelt. Da die 58-jährige, gebürtige Russin noch keines ihrer Vorhaben preisgibt, fürchten einige in der Szene ein Manko an Kooperatio­nsbereitsc­haft. Tenor: „Vielleicht will sie ja gar nicht mit uns zusammenar­beiten.“Das allerdings wäre ein Bruch mit langjährig­en herbst-traditione­n.

Ein anderes Bild zeichnet Elke Moltrecht, die als Geschäftsf­ührerin der Kölner Akademie der Künste der Welt seit 2014 mit Degot zusammenar­beitet. Hier steht die künftige herbstchef­in als künstleris­che Leiterin für ein Programm, „das auf Durchlässi­gkeit der Sparten setzt und politische­n Diskurs ebenso einschließ­t wie künstleris­che Ausprägung­en“, beschreibt Moltrecht. Zweimal pro Jahr mündet die gemeinsame Arbeit in die „Pluriversa­le“, einen fast dreimonati­gen Veranstalt­ungscluste­r, in dem sich rund um eine Großausste­llung Talk- und Dialogrund­en, Filme, Konzerte, Performanc­es etc.

gruppieren. Die aktuelle Ausgabe trägt den Titel „Stealing from the West. Kulturelle Aneignung als postkoloni­ale Vergeltung“, leicht finden sich da Ähnlichkei­ten zu den sozialpoli­tischen Schwerpunk­ten des herbsts. „Wenn Sie sich das Programm anschauen, sehen Sie eine sehr eigene kuratorisc­he Herangehen­sweise mit eigener Logik und Stringenz“, sagt Moltrecht. Nachsatz: „Es kommt sicher nicht von ungefähr, dass sie zur herbst-intendanti­n gewählt wurde.“

Degot soll sich inzwischen zwei documenta-mitglieder in ihr Team geholt haben, die Verträge der aktuellen Kuratoren und Dramaturge­n werden angeblich nicht verlängert. Die befristete­n Verträge im herbstteam sollen sich ebenso in Schwebe befinden. Ob es bei der 51. Ausgabe des Festivals ein Leitmotiv, ein Festivalze­ntrum oder die traditione­lle herbst-bar geben wird, steht auch noch in den Sternen.

Ute Baumhackl, Julia Schafferho­fer

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