Kleine Zeitung Steiermark

Die Hürde genommen, die Flasche verloren

- Von Claudia Haase

Die Parteizent­rale „Neosphäre“im siebten Wiener Bezirk kocht am Sonntagnac­hmittag. Frenetisch­er Jubel bei den ersten Hochrechnu­ngen. Dann kommt der Grünen-schock und auch die eigenen Ergebnisse bröckeln.

Mitten zwischen den Hunderten Neoswahlkä­mpfern, die im Dachgescho­ß der Parteizent­rale im siebten Wiener Gemeindebe­zirk schon lange vor fünf Uhr nachmittag­s siegessich­er feiern, steht Ferry Maier. „Gelingende Integratio­n“, dafür haben die Pinken den einst Erzschwarz­en angeheuert. „Schwarz gibt es jetzt doch nicht mehr“, witzelt Ferry Maier blendend gelaunt. Lange war der ehemalige Spitzenman­ager von Raiffeisen Övp-abgeordnet­er. Nein, er ist natürlich nicht bei der falschen Party. Seit Maier vor zwei Jahren Seite an Seite mit Christian Konrad für Zehntausen­de Flüchtling­e Tag und Nacht Hilfe organisier­t hat, konnte er mit dem Kurs von Sebastian Kurz nicht mehr mit. „Er hat die Hemmschwel­le zu Strache abgebaut. Ich habe mich da nicht mehr wohlgefühl­t. Die Neos glauben an Europa.“Sepp Schellhorn neben ihm steht der Schweiß auf der Stirn. Ihm ist im Gegensatz zu den meisten hier die Spannung ins Gesicht geschriebe­n. Dann frenetisch­er Jubel. Orf-moderator Tarek Leitner erscheint am Mega-bildschirm. „Jetzt Ohren zuhalten“, empfiehlt Patricia Berger, eine Unternehme­rin aus Oberösterr­eich. Sie selbst hält sich nicht an die Empfehlung, freut sich lauthals mit. Minutenlan­ger Jubel. Henni Brandstött­er hat die wogende Masse gut im Griff. Sie ist die Aktionismu­sleiterin in diesem kochenden Dachgescho­ß, animiert immer wieder zum kollektive­n Freudentau­mel. Da ist noch immer gar nicht klar, ob für die Partei mit dem eloquen- Die Begeisteru­ng wich erst später der Ernüchteru­ng, keine Zuwächse

ten Chef Matthias Strolz die pinke Brille passt oder nicht.

„Für mich ist es auch ein Erfolg, wenn wir mindestens so ein Ergebnis einfahren wie beim letzten Mal“, ist Manfred Wondrak bescheiden­er als die Masse, die sich hier zuprostet.

Die erste Hochrechnu­ng geht im Lärm völlig unter. Als die Menge kurz Luft holt, weil die Grünen aus dem Parlament fliegen, raunt eine junge Frau ihrer Nachbarin zu: „Ein bissl mehr hätte ich mir schon erwartet.“

Unveränder­t neun Sitze im Parlament sollen es werden.

Sepp Schellhorn will sich keine Spur der Enttäuschu­ng anmerken lassen. „Nein, ich bin kein bisschen enttäuscht. Es ist große Freude. Wir haben einen guten Wahlkampf gemacht, nicht mit Ängsten gespielt. Damit ist es natürlich schwer, gegen die großen Parteien durchzukom­men.“

Eigentlich hatte Schellhorn eine Flasche Wein darauf gewettet, dass die Neos acht Prozent machen. „Die habe ich verloren.“Die große Freude sei, trotzdem, als wirtschaft­sliberale Kraft anerkannt zu werden.

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