Kleine Zeitung Steiermark

PREMIERE Zerstörtes Familienid­yll

- Reinhard Kager

Die Wiener Volksoper hat nun Giuseppe Verdis frühe Schiller-vertonung „Die Räuber“nach 1963 wieder aus der Versenkung geholt – ein Verdienst.

Andächtig sitzen drei Kinder um einen Cellisten, der das wunderschö­ne Solo in der Ouvertüre auf der Bühne spielt. Es ist offenbar Maximilian Graf von Moor, der seine Söhne Karl und Franz sowie die Nichte Amalia um sich schart: im Inneren eines kleinen Quaders, der en miniature einen vornehmen Salon birgt und sich später stetig um seine eigene Achse dreht an diesem Abend der Wiener Volksoper.

Denn das Familienid­yll wird zerstört, als die Söhne erwachsen sind und beide um die Gunst Amalias buhlen. Wie im Schauspiel Friedrich von Schillers ist Franz auch in Giuseppe Verdis „Die Räuber“(uraufgefüh­rt 1847 als „I masnadieri“) die dunkle, treibende Kraft dieser Familientr­agödie, in der sich auch ein Kampf um Freiheit spiegelt.

Wer sich außerhalb des Quaders befindet, den Bühnenbild­nerin Bettina Meyer in die Mitte eines ansonsten leeren Szenarios baute, verliert sich im Raum, existenzie­ll auf sich selbst zurückgewo­rfen. So nimmt es nicht wunder, dass sich der durch Franz’ Intrigen vertrieben­e Karl Wegelagere­rn Vater-sohn-tragödie mit Kurt Rydl (liegend) und Vincent Schirrmach­er

anschließt, um für die Rechte der Unterdrück­ten zu kämpfen.

Verdis Librettist Andrea Maffei folgte dem Schiller’schen Text recht genau, straffte jedoch die Handlung und löste die Räuber, von denen einzig Roller (Christian Drescher) individuel­l dargestell­t wird, im kraftvolle­n Chor auf (Einstudier­ung: Holger Kristen). Vor allem im vierten Akt gewinnt die Musik in Verdis früher Oper hochemotio­nale Qualitäten.

Regisseur Alexander Schulin, der die Sänger in historisch­e Kostüme (von Bettina Walter) steckt, verwechsel­t leider Emotionali­tät mit altbacken-pathetisch­er Gestik, die auch so gar nicht zu dem abstrakten Bühnenbild passt. Zum Glück rettete Jac van Steen am Pult des kompakten Volksopern­orchesters die Premiere musikalisc­h mit straffen Tempi und klar konturiert­en Klängen.

An der Spitze des Ensembles konnte sich Vincent Schirrmach­er als Karl sukzessive steigern, auch Sofia Soloviy als Amalia löste ihre schwierige Aufgabe mit Anstand. Blass blieb hingegen der Franz von Boaz Daniel, und Kurt Rydl als alter Moor besitzt zwar noch einen voluminöse­n Bass, jedoch nicht mehr die volle Kontrolle. Dennoch ein Verdienst der Volksoper, „Die Räuber“nach 1963 wieder aus der Versenkung zu holen. Die Räuber. Oper von Giuseppe Verdi. Termine: 18., 22., 27., 30. 10., Volksoper Wien. Tel.: (01) 51 315 13. www.volksoper.at

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