Kleine Zeitung Steiermark

Türkis gegen Schwarz

- Von Wolfgang Fercher

Mit der Zuspitzung auf ihren Spitzenkan­didaten gewann die türkise ÖVP die Wahl. Sieht sie wegen des Einflusses von Bünden und Ländern bald wieder schwarz?

Türkis ist das neue Blau, war im Wahlkampf immer wieder, wenig schmeichel­haft gemeint, zu hören. Gestern gönnte sich die türkise ÖVP tatsächlic­h einen „blauen Montag“, wie er bei den Freiheitli­chen seit Langem Tradition ist. Nichts zu hören von der Führungsri­ege der Wahlsieger rund um Parteiobma­nn Sebastian Kurz und Generalsek­retärin Elisabeth Köstinger. Während das arbeitende Volk bereits in die neue Woche startete, war die türkise Wahlparty im Wiener Kursalon Hübner für die Konditions­starken noch nicht zu Ende. Über die nächsten Schritte wird erst heute in der Parteizent­rale geredet. Am Donnerstag soll Kurz im Parteivors­tand ermächtigt werden, mit einem von ihm gewählten Team Koalitions­verhandlun­gen zu führen. Am Freitag dürfte er von Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen den Auftrag zur Regierungs­bildung erhalten. Die Präferenz für eine Koalition mit den Freiheitli­chen war auch bei der Wahlparty kaum zu überhören.

Spätestens dann werden Bünde und Länder, die im Wahlkampf so brav still hielten, wieder ihre Ansprüche anmelden. Kurz hat sich bei seiner Wahl zum Parteichef jedoch auch Vollmachte­n für Regierungs­verhandlun­gen und die Auswahl von Ministern zusichern lassen. „Der Chef hat das Sagen“, wird von der Parteizent­rale als Credo ausgegeben. Daran glaubt auch der frühere Eu-kommissar Franz Fischler: „Allen wird Kurz sicher nicht Zugeständn­isse machen. Der meint das sehr ernst.“Zumindest werde man versuchen, den Eindruck zu verhindern, dass die Strukturen immer noch maßgeblich sind.

Die Wahltagsbe­fragung des Sora-instituts zeigt, dass 42 Prozent der Övp-wähler „den Spitzenkan­didaten“als Wahlmotiv angaben, nur für 15 Prozent waren es „inhaltlich­e Standpunkt­e“. Ist die ÖVP zum reinen Kanzlerwah­lverein mutiert, wie Kritiker meinen? „Das ist der Partei ja schon öfters passiert“, sagt Ex-obmann Erhard Busek mit Verweis auf Josef Klaus, Alois Mock (weniger erfolgreic­h) und Wolfgang Schüssel (kurzzeitig). Kurz habe „einen Schritt der Veränderun­g“gesetzt, wie nachhaltig diese wird, entscheide­t sich wohl bald. „Die Erneuerung der Partei ist irreversib­el“, konstatier­t eine Kennerin der Partei nüchtern. Populistis­ches Talent allein werde jetzt nicht mehr reichen. Es gelte auch, die ausgeprägt­e Klientelpo­litik zu reduzieren. Manche gehen davon aus, dass Kurz „etwas Neues“probieren möchte – mit mehreren „unabhängig­en“und „problemlös­ungsorient­ierten“Ministern oder neben der FPÖ auch die Neos mit ins Boot holen. „Reformiert hat er die Partei noch nicht“, sagt Busek, der den gestiegene­n Einfluss der Jungen ÖVP nicht unkritisch sieht. „Für eine Wahl ist so eine Jugendtrup­pe ausgezeich­net, jetzt muss Kurz aber eine Regeltrupp­e schaffen.“

Was sind die Knackpunkt­e? Mit den Ländern droht Ärger

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Die türkise „Bewegung“war erfolgreic­h. Jetzt wartet FPÖ-CHEF Strache auf gemeinsame

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