Kleine Zeitung Steiermark

Ende der Terrorherr­schaft in Rakka

- Von Martin Gehlen, Tunis

Ein kurdisch geführtes Bündnis erobert die wichtigste Is-hochburg in Syrien.

Nach dem Zentralkra­nkenhaus eroberten die Angreifer das Fußballsta­dion und zum Schluss noch den berüchtigt­en „Kreisverke­hr der Hölle“, wo der „Islamische Staat“drei Jahre lang seine Opfer öffentlich enthauptet­e und kreuzigte. Dann war die Terrormili­z auch in Rakka besiegt, ihrer syrischen Hochburg.

Jubelnd patrouilli­erten die arabischen und kurdischen Truppen durch die zerstörten Viertel, schossen Salven in die Luft. „Es ist vorbei, wir haben alles unter Kontrolle“, hieß es aus dem Hauptquart­ier der „Syrisch-demokratis­chen Streitkräf­te“, die seit vier Monaten – unterstütz­t von der Us-luftwaffe und amerikanis­chen Militärber­atern – gegen die Ishochburg angekämpft hatten. Viele Jihadisten kapitulier­ten und ließen sich festnehmen, die meisten von ihnen Ausländer. Die syrischen Is-kämpfer dagegen hatten zuvor nach einer Vereinbaru­ng mit lokalen Stammesfüh­rern die Stadt mit ihren Familien verlassen dürfen.

Seit 2014 galt die Stadt Rakka in Syrien und Irak als der Inbe- Soldaten in der vom IS befreiten Stadt Rakka am Euphrat

des Schreckens. Hier war die Zentrale des „Islamische­n Kalifates“, das zu Zeiten seiner größten Ausdehnung fast neun Millionen Menschen und ein Territoriu­m ähnlich wie Großbritan­nien beherrscht­e. Hier wurden die Feldzüge der Jihadisten in Syrien und Irak geplant, genauso wie die Attentate in Europa oder der Türkei.

Nach dem Fall von Rakka kontrollie­rt die Terrormili­z nur

noch kleine Enklaven entlang des Euphrats nahe den ostsyrisch­en Wüstenstäd­ten Deir alsor und al-mayadin, wo sich wahrschein­lich auch die Führung unter dem selbst ernannten Kalifen Abu Bakr albaghdadi aufhält. Ähnlich wie zuvor in Mossul, einst das irakische Is-pendant zu Rakka, liegt die syrische Jihadisten-hochburg in Trümmern. Mehr als 270.000 Bewohner sind geflogriff hen und obdachlos. Über 1100 Zivilisten kamen nach Angaben der Syrischen Beobachtun­gsstelle für Menschenre­chte ums Leben – viele durch Luftschläg­e der Anti-is-koalition. Hunderte werden vermisst. Weite Teile der Stadt sind vermint.

Zu den „Syrisch-demokratis­chen Streitkräf­ten“(SDF) gehören etwa 30.000 Bewaffnete, davon 25.000 Kurden und 5000 Araber, aber auch einige Hundert Christen und Turkmenen. Der Angriff auf Rakka startete im November 2016. Sieben Monate später betraten die Kämpfer erstmals das Stadtgebie­t, wo sie den „Islamische­n Staat“in vier Monate langen Haus-zu Haus-gefechten niederrang­en.

Mit dem territoria­len Ende ist das „Islamische Kalifat“, das zu seinen mächtigste­n Zeiten über 35.000 Bewaffnete aus mehr als 100 Nationen kommandier­te, keineswegs besiegt. Die Terrororga­nisation operiert internatio­nal und wird an vielen Orten ein Comeback versuchen. Überlebend­e Jihadisten könnten in ihre Heimatländ­er zurückkehr­en und dort weitermord­en. Andere könnten versuchen, in der Zivilbevöl­kerung unterzutau­chen.

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