Kleine Zeitung Steiermark

Kurz hat Europa wiederentd­eckt

- Von Michael Jungwirth

In Brüssel entkräftet Kurz die Sorge, dass Österreich unter seiner Kanzlersch­aft und mit der FPÖ an Bord ins Eu-kritische Lager abdriftet.

Da staunen die Passagiere nicht schlecht, als Sebastian Kurz als einer der Letzten die Morgenmasc­hine nach Brüssel besteigt, durch den langen Mittelgang bis ganz nach hinten schlendert und in der viel zu eng bestuhlten Auamaschin­e auf 28 A Platz nimmt. Der Kanzler in spe fliegt weiterhin Holzklasse. Zu nachtschla­fender Zeit schaffen es nur einige wenige Reisende, rechtzeiti­g ihre Handys für ein wackeliges Foto aus der Hosen- oder Handtasche zu kramen.

Dass die erste Auslandsre­ise den Wahlgewinn­er ins Herz der EU führt, ist eher zufällig. Stunden vor dem traditione­llen Herbstgipf­el der EU kommen die christdemo­kratischen und konservati­ven Parteichef­s in Brüssel zusammen. Da ist es naheliegen­d, sich im Kreis der wenig erfolgsver­wöhnten europäisch­en Parteienfa­milie feiern und ein Foto mit Angela Merkel machen zu lassen. Vor allem ist die Eu-hauptstadt die ideale Bühne, um Bedenken wegen einer allfällige­n Koalition mit der europaskep­tischen FPÖ, die im Europäisch­en Parlament einer gemeinsame­n Fraktion mit Marine Le Pen und dem Front National angehört, zu zerstreuen.

Und so nutzt Kurz gestern jede sich bietende Möglichkei­t, um ein flammendes Plädoyer zu Europa abzulegen. „Ich war immer ein Proeuropäe­r und werde immer ein Proeuropäe­r blei- beteuert er nach dem Treffen mit Jean-claude Juncker vor den wartenden Journalist­en. Eine Stunde später im Hotel Berlaymont: „Jede Regierung, die ich anführe, wird eine proeuropäi­sche Regierung sein“, um hinzuzufüg­en: „Die ÖVP war, ist und wird immer eine Europapart­ei sein.“Und dann vor der Phalanx der internatio­nalen Medien vor dem Merkel-treffen: „Seit meinem 18. Lebensjahr bin ich in der Europäisch­en Volksparte­i engagiert. Ich sehe nicht nur Europa positiv, ich will auch aktiv mitgestalt­en.“er unbeteilig­te Beobachter kommt aus dem Staunen nicht hinaus. In sechs Stunden Brüssel kommt Kurz öfter ein leidenscha­ftliches Bekenntnis zu Europa über die Lippen als in sechs Wochen Wahlkampf. Mehrfach streut er Angela Merkel, vor allem aber dem französisc­hen Präsidente­n Emmanuel Macron, der einer Vertiefung der EU das Wort redet, Rosen. „Ich bin froh, dass es mit Macron einen starken Präsidente­n in einem proeuropäi­schen Land gibt. Er hat eine positive Bewegung in Frankreich gestartet.“Telefonisc­h habe man sich bereits auf ein baldiges Treffen verständig­t.

Der ÖVP-CHEF versucht außerdem, den Eindruck zu verwischen, dass er Österreich auf eine Linie mit den europaskep­tischen Polen und Ungarn

Dwolle. Auf die Frage eines Schweizer Kollegen, ob er den Visegrád-staaten beitreten wolle, kontert er: „Nein, das behaupten die Sozialdemo­kraten. Wir sehen uns als Brückenkop­f. Ich freue mich auf die enge Zusammenar­beit mit Deutschlan­d und Frankreich.“Den Beitritt zum Visegrádqu­artett (Polen, Ungarn, Tschechien, Slowakei) kann sich die FPÖ vorstellen.

Über den Inhalt der Vieraugeng­espräche mit Jean-claude Juncker, Donald Tusk und Anben“, gela Merkel dringt wenig nach außen. „Natürlich haben wir auch über die FPÖ geredet“, so der ÖVP-CHEF, der morgen seine Sondierung­sgespräche beginnt. „Eins ist aber auch klar: Die Entscheidu­ng, wie wir die Regierung bilden, treffen wir schon noch in Österreich.“Im Kreis seiner Parteifreu­nde gibt es großes Lob für den Wahlsieger, zum Eu-gipfel ist Kurz – als Außenminis­ter – nicht geladen. Beim Gipfel springt er – überrasche­nd, und dann doch wieder nicht überrasche­nd – Bundesbrin­gen

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