Die schwere Geburt einer Nation
Der heutige Nationalfeiertag ist alles andere als eine Selbstverständlichkeit – über Datum, Namen und die Bedeutung des Festtags herrschte lang Uneinigkeit. Über das Werden eines nationalen Feiertags.
Nahezu jedes Land hat einen Staats- oder Nationalfeiertag, der an die Entstehung des betreffenden Landes oder an ein schicksalsschweres historisches Ereignis in der Geschichte dieses Landes erinnert.
In Frankreich ist es der 14. Juli, zur Erinnerung an den Beginn der Französischen Revolution, in Russland ist es nicht mehr der Tag der russischen Revolution von 1917, sondern seit dem Ende der Sowjetunion der 4. November, der Tag der Einheit des Volkes, in den USA wird die Unabhängigkeitserklärung am 4. Juli gefeiert, in China die Gründung der Volksrepublik China nach dem Ende des Bürgerkrieges am 1. Oktober und in Deutschland der Tag der Deutschen Einheit am 3. Oktober.
Der österreichische Nationalfeiertag ist der 26. Oktober, der an jenen Tag erinnert, an dem im Jahr des Staatsvertrages (1955) der letzte Besatzungssolalition unser Land verlassen hatte, womit unsere volle Unabhängigkeit hergestellt war und außerdem vom Nationalrat das Verfassungsgesetz über die immerwährende Neutralität Österreichs beschlossen wurde.
Dieser österreichische Nationalfeiertag hat eine spannende Vorgeschichte.
Österreich war bekanntlich bis zum Ende des Ersten Weltkrieges und noch einige Tage länger eine Monarchie. Als die Niederlage Österreich-ungarns im Krieg unabwendbar feststand, begannen einzelne Nationalitäten, insbesondere die Ungarn und die Tschechen, aber auch andere Nationalitäten, sich von Österreich loszusagen und eigene Nationalstaaten zu gründen beziehungsweise sich anderen Nationalstaaten anzuschließen.
Der „Rest“, nämlich die wichtigsten deutschsprachigen Gebiete in einem geschlossenen Siedlungsgebiet auf dem Boden der Monarchie (also im Wesentlichen das heutige Österreich einschließlich Südtirol), schickte die gewählten Abgeordneten zur eilig einberufenen Sitzung einer Provisorischen Nationalversammlung nach Wien, wo sich am 30. Oktober 1918 „Deutschösterreich“als eigener (relativ kleiner) Staat konstituierte.
Am 12. November 1918 wurde von der Provisorischen Nationalversammlung die Republik „ausgerufen“und dieser Tag am 12. November 1919 zum ersten Mal als Nationalfeiertag gefeiert.
Zwar erfolgte die Gründung der Republik – also der Übergang von der Monarchie zur Republik – im Jahr 1918 zunächst auf der Basis einer breiten Kodat 1955: alliierte Soldaten posieren zum Abschied aus dem besetzten Wien
mit einer großen Mehrheit, aber sehr bald schon wurden die Gegensätze zwischen links und rechts größer und schärfer. Im Sommer 1920 platzte die Koalition und für den Rest der Ersten Republik blieben die Sozialdemokraten in Opposition und wurden nach dem Februar 1934 sogar verboten. n dieser Zeit änderte sich auch die Einschätzung des Gründungstages der Republik. Der 12. November 1918 wurde immer weniger als Quelle gemeinsamer und positiver Erinnerungen empfunden und immer mehr ein Anlass für Auseinandersetzungen.
Der 10. Jahrestag der Republikgründung (also der 12. November 1928) machte das bereits ziemlich deutlich. Er war
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