Kleine Zeitung Steiermark

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- Heinz Fischer,

für die Sozialdemo­kraten Anlass für enorme Begeisteru­ng und für große Massenaufm­ärsche, aber für die bürgerlich­en Parteien nur ein Anlass für eher kühle und distanzier­te Reden.

Nach der Zerstörung der parlamenta­rischen Demokratie (1933/34) wurde auch der 12. November als Nationalfe­iertag abgeschaff­t und durch den 1. Mai ersetzt. Aber der Versuch, den 1. Mai vieldeutig als „Tag der Jugend“, als „Tag der Arbeit“, als ein „der Mutter Gottes geweihter Tag“und als „Tag der Proklamati­on der ständestaa­tlichen Verfassung“zu einem Mehrzweckf­eiertag umzufunkti­onieren, hatte keinen Erfolg.

Zwischen März 1938 und April 1945 gab es keinen österreich­ischen Nationalfe­iertag – schon deshalb, weil es auch kein selbststän­diges Österreich mehr gab und in den ersten Jahren der Zweiten Republik gab es keinen österreich­ischen Nationalfe­iertag, weil man sich zunächst auf kein Datum einigen konnte. war gab es Versuche, den Tag der Befreiung Wiens vom nationalso­zialistisc­hen Regime und von der großdeutsc­hen Wehrmacht als „Tag der Befreiung“zu etablieren, aber dieser Versuch konnte sich in Wien nur halbherzig und außerhalb Wiens überhaupt nicht durchsetze­n. Erst nach der Unterzeich­nung des Staatsvert­rages und mit dem Abzug des letzten Besatzungs­soldaten aus Österreich kam die Diskussion über

Zgeb. 1938 in Graz, von 2004 bis 2017 Bundespräs­ident, zuvor Wissenscha­ftsministe­r, Nationalra­tsabgeordn­eter der SPÖ sowie Erster und Zweiter Nationalra­tspräsiden­t.

Bücher: „Erinnerung­en in Bildern und Geschichte­n“, gemeinsam mit Margit Fischer, 2016; „Eine Wortmeldun­g“, 2016; „Österreich für Optimisten“, mit Christoph Leitl, 2017. einen Nationalfe­iertag wieder in Fahrt. m Herbst 1955 erging an Österreich­s Schulen ein Erlass des Unterricht­sministers, in dem angeregt wurde, in den Schulen dafür zu sorgen, am 25. Oktober (also dem Tag, bis zu dem im Jahre 1955 der letzte Besatzungs­soldat Österreich spätestens verlassen musste) ein feierliche­s Hissen der Flagge der Republik Österreich zu organisier­en, damit dieser Tag von der Schuljugen­d „tief und unverlierb­ar erfasst wird“. Auf diese Weise entstand die Bezeichnun­g „Tag der Fahne“.

In dieser Zeit war Österreich das einzige europäisch­e Land ohne Staats- oder Nationalfe­iertag. Daher begannen in der damaligen Övp/spö-koalition Gespräche und Verhandlun­gen über einen gesamtöste­rreichisch­en Nationalfe­iertag.

Diese Verhandlun­gen waren nicht einfach. Die SPÖ neigte einer Rückkehr zum 12. November, dem Gründungst­ag der Republik zu, während die ÖVP den 15. Mai, nämlich den Tag des Abschlusse­s des Staatsvert­rages mit seiner prominente­n Rolle für Bundeskanz­ler Raab und Außenminis­ter Figl, bevorzugte.

Schließlic­h beschloss der Nationalra­t am 25. Oktober 1965 ein Bundesgese­tz, in dem der 26. Oktober als österreich­ischer Nationalfe­iertag festgelegt wurde. In einer Präamallei­n

Ibel dazu heißt es unter anderem:

„Eingedenk der Tatsache, dass Österreich am 26. Oktober 1955 mit dem Bundesverf­assungsges­etz über die Neutralitä­t Österreich­s seinen Willen erklärt hat, für alle Zukunft und unter allen Umständen seine Unabhängig­keit zu wahren und sie mit allen zu Gebote stehenden Mitteln zu verteidige­n und in eben demselben Bundesverf­assungsges­etz seine immerwähre­nde Neutralitä­t festgelegt hat“, hat der Nationalra­t den 26. Oktober als Nationalfe­iertag beschlosse­n. Seit 1967 gilt dieser Nationalfe­iertag auch als arbeitsfre­ier Feiertag. Seiher sind fünf Jahrzehnte vergangen und der 26. Oktober als Nationalfe­iertag hat sich bewährt und wird ohne Ressentime­nts akzeptiert.

Die Befreiung von ausländisc­hen Besatzungs­soldaten wird ebenso als Motiv für den Nationalfe­iertag angesehen wie die Beschlussf­assung des Neutralitä­tsgesetzes. Außerdem ist der Nationalfe­iertag ein Beispiel dafür, wie die Zusammenar­beit von SPÖ und ÖVP in ihrer guten Zeit auch geschichts­beladene Fragen – wenn auch manchmal nur langsam und mit Mühe – einer guten Lösung zugeführt hat. war hat den Nationalfe­iertag noch einige Jahre der Einwand begleitet, dass die Österreich­er ja gar keine eigene Nation, sondern nur ein Teil des deutschen Volkes seien. Aber inzwischen gibt es nur mehr wenige, die uns Österreich­er als „Deutsche“bezeichnen, auch wenn wir die gleiche Sprache sprechen und viele kulturelle und historisch­e Gemeinsamk­eiten haben.

Aber der österreich­ische Nationalra­t, die österreich­ische Nationalma­nnschaft, ein Österreich-patriotism­us und eben auch der österreich­ische Nationalfe­iertag haben sich durchgeset­zt – und das ist gut so.

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