Kleine Zeitung Steiermark

„Alles ändern, damit alles bleibt, wie es ist“

- Heinz Unart

DAer Satz, der dem Zitat zugrunde liegt, ist so alt wie wahr. „Se vogliamo che tutto rimanga come è, bisogna che tutto cambi.“– „Wenn wir wollen, dass alles bleibt, wie es ist, muss sich alles ändern“, heißt es in Giuseppe Tomasi di Lampedusas Roman „Il Gattopardo“. Ist er zynisch gemeint oder kluger Hinweis auf die Notwendigk­eit stetiger Reform? Oder beides?

In jedem Fall lässt sich das Zitat aus Italien mühelos auf Österreich und seine weniger bewegte Gegenwart transponie­ren. Auf den Versuch, durch Austausch von Parteichef, -farbe und -struktur zu retten, was im alten Schwarz wohl dem Untergang geweiht gewesen wäre. Auf das neue, staatstrag­ende Gehabe des Verhandlun­gspartners, mit dem Blau Staat machen möchte. Auf den jung-dynamische­n Vorsitzend­en der alten Sozialdemo­kratie, der – weniger erfolgreic­h – über den schwindend­en inneren Zusammenha­lt der Bewegung hinweghelf­en sollte. Wie viele dramatisch­e Brüche in der Geschichte unseres Landes wären unblutig verlaufen, hätte man früher die nötige Veränderun­g gewagt? Das Ende des Modells der Dichter der Umbrüche: Tomasi di Lampedusa

Habsburger­monarchie deutete sich lange vor ihrem tatsächlic­hen Zerfall an. Es fehlte auch nicht an Ideen, den Vielvölker­staat umzubauen, aufdass er erhalten bleibe. Die ihn unbedingt in seiner überkommen­en Form retten wollten, trugen zu seinem Ende maßgeblich bei.

500 Jahre Reformatio­n, das soeben zu Ende gehende Großjubilä­um, erinnert an die verheerend­en Folgen renitenter Reformverw­eigerung einer jahrhunder­tealten Großorgani­sation. Dass die katholisch­e Kirche ihren damaligen Verfallszu­stand überdauert hat, grenzt an einen Gottesbewe­is. Die Vertrieben­en und Toten aber, die im Gefolge der revolution­ären Umbrüche und Kriege zu beklagen waren, lasten auf den Gewissen jener, die das Bestehende gegen jede Änderung imprägnier­en wollten. sterreiche­r neigen zum Misstrauen gegenüber dem Neuen. Es hat sich zu rechtferti­gen gegenüber dem Bestehende­n. Umso erstaunlic­her, dass eine Gruppierun­g, die vage „Veränderun­g“plakatiert­e, die relative Mehrheit für sich gewinnen konnte. Wie sehr das ernst gemeint war, wird sich in den nächsten Tagen zeigen. Wird die Koalition, die nun vorbereite­t wird, „alles“zur Dispositio­n stellen, was der junge Tancredi im Roman für die Voraussetz­ung der Dauer des Tradierten hält? Wird man die Pflichtmit­gliedschaf­t in den Kammern aufgeben, um die Idee ständische­r Vertretung­en zu retten? Wird man das Pensionssy­stem an die gestiegene Lebenserwa­rtung anpassen, um es finanzierb­ar zu halten? Wird man den Staat so umbauen, wie der Rechnungsh­of seit Jahren vorschlägt?

Hatte Heinz Unart also recht? Thomas Götz

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