Österreich und sein Lieblingsnachbar
Das Verhältnis zwischen Deutschen und Österreichern lebt von Gemeinsamkeiten, die sie trennen.
Nicht erst seit der „Piefke-saga“gehört das Verhältnis zwischen Österreichern und Deutschen zu den gern karikierten Beziehungsmodellen.
Gerade der Tourismus bietet aufgrund mehrerer Berührungspunkte eine dankbare Diagnoseplattform. Rein wirtschaftlich ist die Sachlage klar: Österreich braucht die Deutschen. Von den rund 140 Millionen Gästenächtigungen in Österreich entfallen 52 Millionen auf Urlauber aus dem nördlichen Nachbarland. In den letzten Jahren hat sich gerade in der Fremdenverkehrsbranche aber ein weiteres Abhängigkeitsver-
Ahältnis verdichtet. Machte man sich vor Jahren noch über „Piefkes“lustig, die den urigen Hüttenwirt in den Alpen nicht verstanden haben, ist es jetzt deutsches Bedienungspersonal, das vom Ösigast nicht verstanden wird. Allein im vergangenen Jahr waren 10.200 deutsche Staatsbürger in der österreichischen Tourismuswirtschaft beschäftigt – die zweitgrößte Gruppe nach den führenden Ungarn (20.700).
Zu einer zumindest atmosphärischen Störung unter den Einheimischen hat mittlerweile der massive Vormarsch deutscher Investoren in westösterreichischen Win- tersportregionen geführt. Die Nachfrage von Deutschen nach prestigeträchtigen Zweitwohnsitzen hat die Lebenshaltungskosten in diesen Gebieten empfindlich in die Höhe getrieben. „Wir fühlen uns fremd in der eigenen Heimat“, hört man beispielsweise Kitzbüheler mittlerweile klagen.
Und dann wäre da noch die Sache mit der gemeinsamen Sprache, die uns trennt: ein dankbares Feld zur Selbstvergewisserung, dass man bei aller Ähnlichkeit eh anders ist ... Hatte Franz Grillparzer
also recht?