Der Tod bringt die Legenden zur Welt
DAer an Sprachwitz und Ironie bis heute unübertroffene Dichter und Kenner der österreichischen Seele Fritz von Herzmanovskyorlando brachte die heimische Künstlermisere ebenso lapidar wie treffsicher auf den Punkt. Mit einem legendären Rat: „Wenn S’ berühmt werden wollen, dann sterben S’ gefälligst.“Es mag eine Ironie, diesfalls des Schicksals, sein, dass ihm selbst dieser Nachruhm nicht gegönnt war. 1954 starb er; eine kleine, feine Kultusgemeinde blieb, seine Werke gelten als Fall für das Kuriositätenund Raritätenkabinett.
Eine Würdigung wurde ihm viel später doch zuteil: In Wien-floridsdorf trägt eine Gasse seinen Namen. Womit immerhin garantiert ist, dass ihn zumindest die Briefträger namentlich kennen.
Gänzlich anders verhielt es sich, womit ein kurzer Wechsel in die Popmusik vollzogen ist, mit Falco. Ihm waren und sind mehrere Welthits zu verdanken, das mehrte natürlich den Stolz der Nation. Aber dem Menschen Falco wehte ein recht heftiger Wind der Ablehnung ins Gesicht. Verlust eines Feindbildes: Thomas Bernhard
Arrogant sei er, eitel, exzessiv und dergleichen mehr. „Muss ich denn sterben, um zu leben“, sang er in einem seiner letzten Lieder. Einige Wochen später starb er 1996 bei einem Verkehrsunfall in der Dominikanischen Republik. Johann Hölzel, so sein bürgerlicher Name, war tot, die Legende Falco erlebte ihre Geburtsstunde, gänzlich befreit von einstigen Anfeindungen. Er ist ein Held, ein Superstar ... Kein Zweifel: Dieses Land besitzt die Patentrechte für eine unverwechselbare, ausgeprägte Form der Morbidität. „A schöne Leich’“, eine pompöse Beerdigung, nach Möglichkeit in einem Ehrengrab auf dem Wiener Zentralfriedhof, ist die Basis für posthume Glorifizierung. Das umstrittene Dasein ist halt manchmal innigst mit dem Nimmersein verbunden.
Ausnahmen bestätigen die Regel. Ein exemplarisches Beispiel dafür lieferte Thomas Bernhard. Zu Lebzeiten angefeindet als „Nestbeschmutzer“, den einige Medien am liebsten aus dem Land verbannt hätten. Was aber geschah zuletzt? Er stieß seine kenntnisbefreite Feindesschar durch seinen Tod im Jahr 1989 und durch sein Begräbnis in aller Stille in tiefe Bestürzung. Allerdings aus anderen Gründen. Denn schlagartig hatte die geifernde Gemeinde der Ignoranten eines ihrer wichtigsten Feindbilder verloren. Das grenzte fast an Hochverrat.
Aber Thomas Bernhard ist der Verweis auf eine ebenfalls typisch österreichische Eigenheit zu verdanken. Hier lassen die düstere Geschichte und die Verdrängung ihre Leichen zurück. Nicht auf dem Sockel, sondern im Keller.