Senat entscheidet über Eingreifplan
Kataloniens Ministerpräsident Puigdemont lehnt Neuwahlen ab, Madrid treibt Entmachtung voran.
Vor dem Regierungspalast in der katalanischen Regionalhauptstadt Barcelona riefen Tausende Menschen „Unabhängigkeit“, „Keinen Schritt zurück“und „Wir wollen eine katalanische Republik“. Hinter den dicken Mauern des mittelalterlichen Sitzes der Regionalregierung stritten am Donnerstag die Kabinettsmitglieder darum, wie es in der Katalonien-krise nun weitergeht.
Am späten Nachmittag lichtete sich langsam der Nebel. Regierungschef Carles Puigdemont trat mit müdem Gesicht vor die Tvkameras, um zu den 7,5 Millionen Katalanen zu sprechen. Zweimal hatte er seinen Auftritt, der zunächst mittags vorgesehen gewesen war, verschoben. Was dafür spricht, dass es keine einfache Geburt war.
Dann ließ Puigdemont die Katze aus dem Sack und verkündete, dass er keine Neuwahl in Katalonien ansetzen werde und dass stattdessen die Unabhängigkeit der Region weiter vorangetrieben werde. Er erneuerte den Vorwurf an die spanische Regierung in Madrid, in Katalonien ein Klima der „Repression“zu verbreiten. Weil er nicht garantieren könne, dass die Urnen in „absoluter Normalität“aufgestellt werden können, habe er sich gegen den Wahlgang entschieden.
Mit „Repression“meinte Puigdemont das, was ihm und seiner Separatistenregierung in den nächsten Tagen blühen könnte: die Entmachtung durch Spaniens Zentralregierung. Zudem droht Puigdemont eine Anklage vor Gericht wegen Rebellion. Die spanische Vizeregierungschefin Soraya Sáenz de Santamaría bekräftigte am Donnerstag vor dem Senat, dem spanischen Oberhaus, dass die Zwangsmaßnahmen gegen die kata- lanische Führung näher rücken. Sie warf Puigdemont vor, mit seinem einseitigen Unabhängigkeitskurs gegen die spanische Verfassung und auch gegen das katalanische Autonomiestatut verstoßen zu haben. „Wir müssen Katalonien retten“, sagte Sáenz de Santamaría. Puigdemont habe mit seinem Separatismus, der nicht von der Mehrheit der Bevölkerung getragen werde, Katalonien gespalten und in eine tiefe Krise gesteuert.
Heute soll der Senat über die Zwangsschritte endgültig entscheiden. Zu diesem Eingreifplan gehört, dass Madrid nach der Absetzung der Regionalregierung in Barcelona vorübergehend die Kontrolle in Katalonien übernimmt und innerhalb von sechs Monaten eine Neuwahl ansetzen will. Eine Neuwahl, an der Kataloniens Spaltpilz Puigdemont nach Madrider Meinung nicht mehr teilnehmen sollte. Neuwahlen oder doch nicht? Carles Puigdemont lehnt ab, jetzt ist Madrid am Zug