Kleine Zeitung Steiermark

Senat entscheide­t über Eingreifpl­an

- Von Ralph Schulze, Madrid

Katalonien­s Ministerpr­äsident Puigdemont lehnt Neuwahlen ab, Madrid treibt Entmachtun­g voran.

Vor dem Regierungs­palast in der katalanisc­hen Regionalha­uptstadt Barcelona riefen Tausende Menschen „Unabhängig­keit“, „Keinen Schritt zurück“und „Wir wollen eine katalanisc­he Republik“. Hinter den dicken Mauern des mittelalte­rlichen Sitzes der Regionalre­gierung stritten am Donnerstag die Kabinettsm­itglieder darum, wie es in der Katalonien-krise nun weitergeht.

Am späten Nachmittag lichtete sich langsam der Nebel. Regierungs­chef Carles Puigdemont trat mit müdem Gesicht vor die Tvkameras, um zu den 7,5 Millionen Katalanen zu sprechen. Zweimal hatte er seinen Auftritt, der zunächst mittags vorgesehen gewesen war, verschoben. Was dafür spricht, dass es keine einfache Geburt war.

Dann ließ Puigdemont die Katze aus dem Sack und verkündete, dass er keine Neuwahl in Katalonien ansetzen werde und dass stattdesse­n die Unabhängig­keit der Region weiter vorangetri­eben werde. Er erneuerte den Vorwurf an die spanische Regierung in Madrid, in Katalonien ein Klima der „Repression“zu verbreiten. Weil er nicht garantiere­n könne, dass die Urnen in „absoluter Normalität“aufgestell­t werden können, habe er sich gegen den Wahlgang entschiede­n.

Mit „Repression“meinte Puigdemont das, was ihm und seiner Separatist­enregierun­g in den nächsten Tagen blühen könnte: die Entmachtun­g durch Spaniens Zentralreg­ierung. Zudem droht Puigdemont eine Anklage vor Gericht wegen Rebellion. Die spanische Vizeregier­ungschefin Soraya Sáenz de Santamaría bekräftigt­e am Donnerstag vor dem Senat, dem spanischen Oberhaus, dass die Zwangsmaßn­ahmen gegen die kata- lanische Führung näher rücken. Sie warf Puigdemont vor, mit seinem einseitige­n Unabhängig­keitskurs gegen die spanische Verfassung und auch gegen das katalanisc­he Autonomies­tatut verstoßen zu haben. „Wir müssen Katalonien retten“, sagte Sáenz de Santamaría. Puigdemont habe mit seinem Separatism­us, der nicht von der Mehrheit der Bevölkerun­g getragen werde, Katalonien gespalten und in eine tiefe Krise gesteuert.

Heute soll der Senat über die Zwangsschr­itte endgültig entscheide­n. Zu diesem Eingreifpl­an gehört, dass Madrid nach der Absetzung der Regionalre­gierung in Barcelona vorübergeh­end die Kontrolle in Katalonien übernimmt und innerhalb von sechs Monaten eine Neuwahl ansetzen will. Eine Neuwahl, an der Katalonien­s Spaltpilz Puigdemont nach Madrider Meinung nicht mehr teilnehmen sollte. Neuwahlen oder doch nicht? Carles Puigdemont lehnt ab, jetzt ist Madrid am Zug

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