Das System bloß freier Interessensverbände ist das Modell eines stärkeren Staates.
schaftskammer darzustellen“. Arbeiterkammerpräsident Rudolf Kaske und ÖGB-CHEF Erich Foglar kündigten „situationselastischen Widerstand“gegen ein Aushebeln der Kollektivvertragspartnerschaft an. Dass es dafür keine Kammern braucht, zeigen Länder wie Schweden. Leitl weist auf Finanzierungssoldarität hin – größere Unternehmen zahlen mit den an Lohnsumme und Vorsteuervolumen berechneten Umlagen den Löwenanteil von rund 700 Millionen Kammerbudget für Leistungen von Außenhandelsnetz bis Gründerberatung. In der AK, wo 3,64 Millionen Mit- glieder im Schnitt sieben Euro im Monat zu 432,6 Millionen Budget beitragen, rechnet man 532 Millionen Euro vor, die 2600 Ak-experten von Sozial- bis Arbeitsrecht pro Jahr erstreiten würden.
Einem Rückzug auf freiwillige Servicevereine wollen andere Kammern prinzipiell nicht folgen. Für die Ärztekammer verweist Präsident Thomas Szekeres auch auf „hoheitliche Aufgaben“(Ärztelisten, Ausbildungsverordnungen, Qualitätskontrolle). „Die Länderkammern verwalten überdies den Wohlfahrtsfonds für Ärztinnen und Ärzte. Stellt man Verfassungsrichter 1990 in „Selbstverwaltung und Verfassung“ Pflichtmitgliedschaft infrage, müssten diese behördlichen Aufgaben wieder an den Staat übertragen werden und Pensionen könnten aufgrund des Umlageverfahrens nicht mehr nachhaltig bezahlt werden.“
„Um die Akzeptanz der Pflichtmitgliedschaft im Notariat besteht keine Sorge“, erklärt Kammerpräsident Ludwig Bittner. Die Mitglieder würden wissen, was die Kammer von Ausbildung bis Disziplinarhoheit leiste. „Die Aufhebung der Pflichtmitgliedschaft würde eine Re-verstaatlichung bedeuten.“Auch Wirtschaftstreuhänder-präsident Klaus Hübner würde eine Urabstimmung „sehr gelassen“sehen.
Die Selbstverwaltung der Anwälte durch ihre Kammern sei „ein fundamentaler Grundsatz des Rechtsstaates“, betont Präsident Rupert Wolff. „Nur so ist garantiert, dass sich Rechtsanwälte unabhängig, insbesondere vom Staat, und verschwiegen ausschließlich für die Interessen ihrer Mandanten einsetzen können.“Man pocht hier auf das eigene Disziplinarrecht. „Es ist rechtsstaatlich völlig undenkbar, dass der Staat die freie Rechtsanwaltschaft an die Kandare nimmt“, so Wolff. s ist also mit den Kammern etwas komplexer, als man denkt. Für Korinek war die Selbstverwaltung so wie die Unabhängigkeit der Gerichte oder die Bundesstaatlichkeit Teil der staatsmachtbegrenzenden Gewaltenteilung, in welcher der Sinn unserer Verfassung mit den Grundpfeilern Demokratie und Dezentralisierung zum Ausdruck komme. Er forderte aber schon damals Rechnungshofkontrolle für alle Kammern, Transparenz, Direktwahl der Spitzenfunktionäre, ausgebaute Abberufungsmöglichkeiten. Weil die Kammern das vielfach versäumten, sind sie heute mit der Existenzfrage konfrontiert. Korineks Alternativen – „evolutionäre Entwicklung“oder „Schritt zum starken Staat durch Abschaffung der Selbstverwaltung“, hatte man zu wenig als Warnung verstanden, die positive Pflicht statt des negativ empfundenen Zwangs befreiend fühlbar zu machen.
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