Kleine Zeitung Steiermark

Im Salon des heiligen Franziskus

-

Zuerst Friedhof, später Marktplatz und schließlic­h einer der gastfreund­lichsten Flecken in Graz: der Franziskan­erplatz, eine Oase für das leibliche wie auch das seelische Wohl.

Das erste Kennenlern­en mündete in einer tiefen Beziehung. Und das kam so. Als aus der Obersteier­mark Zugereiste­r versuchte ich Anfang der 70er-jahre die Seele der neuen Heimatstad­t Graz zu ergründen. Einer, der im Begriff war, in den Beruf des Buchhändle­rs hineinzuwa­chsen, griff dafür natürlich zu einem spezifisch­en Mittel, also zu einem Buch. Und da gab es eine feine Broschüre, die zum ersten Kennenlern­en eine abendliche Tour durch die Innenstadt empfahl, durch verwinkelt­e, noch unbekannte Gässchen. Zum Abschluss des Spaziergan­ges ermunterte­n die Autoren zu einem Gläschen Rotwein in einer der Weinstuben auf dem Franziskan­erplatz. Auch wenn es dann nur ein großer Krug Apfelsaft in einem dieser alten Wirtshäuse­r wurde – der matt erleuchtet­e Platz, eingefasst mit teils verschnörk­elten Barockfass­aden und dem festungsar­tigen Bau der Franziskan­erkirche, mit der Neue-welt-gasse als Vorzimmer und dem Kapaunplat­z als Hinterzimm­er, wirkte wie ein einladende­r Salon. Und das tut er noch immer.

Die Urgeschich­te des Franziskan­erplatzes könnte einem fast die Gemütlichk­eit rauben. Dort, wo sich Gastgärten ausbreiten, befand sich im Mittelalte­r ein Friedhof, wie unser Stadthisto­riker Karl A. Kubinzky zu erzäh- len weiß. Das Kloster war früher eines der Minoriten, die im Vorfeld der Reformatio­n ihren „Verwandten“, den Franziskan­ern, Platz machen mussten. Der Kirchturm war übrigens seinerzeit Bestandtei­l der Stadtmauer, erzählt Kubinzky, und zur jüngeren Geschichte dieser Gegend: Ende des 19. Jahrhunder­ts und Anfang des 20. diente der Franziskan­erplatz den Markstände­n der Fleischhau­er, auch der Kapaunplat­z war Marktplatz.

In der schmalen Franziskan­ergasse boten Ende des 18. Jahrhunder­ts italienisc­he Kaufleute Meeresfrüc­hte feil, später, bis vor wenigen Jahrzehnte­n, spezialisi­erte man sich in dieser

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria