In einer Kammer der Schmerzen und Leiden
In einer stimmigen Installation hinterfragt Hannes Priesch Glaubenssätze und Fragen der Selbstqual.
Für seine Ausstellung in der Galerie artepari hat Hannes Priesch einen Raum mit lasierend aufgetragener Wandbemalung in eine düster gestimmte Kapelle der Qualen verwandelt. Schlieren, Risse und Rinnsale ergeben in abgestuften Grauwerten eine künstlich hergestellte Patina, zeugen von einer Geschichtsträchtigkeit, die zwar dem Ausstellungsraum selbst abgeht, nicht aber jenem kulturellen Fonds, vor dem sich die gezeigten oder beschriebenen Szenen heilsgewisser Selbstqual abspielten und fortwirken.
In fotografischen Nachstellungen klassischer Vorlagen und auf Rohseide faksimilierten Ausschnitten aus Georg Otts 1855 verfasster „Legende von den lieben Heiligen Gottes“zeigt Priesch, wie eingefahren jene Denkmuster und Moralvorstellungen sind, die behaupten, dass Erlösung nur durch Pein, höhere Ziele nur durch Opfer erreichbar sind. Er selbst schlüpft dabei in die Rolle jener Vorbilder, die das ultimative Sublimieren exemplarisch vor Augen führen, die sich – obwohl von Pfeilen durchbohrt oder mit Dornen gekrönt – nicht aus der inneren Ruhe bringen lassen.
Im Rückgriff auf bewährte Bildformeln vollzieht sich dabei ein recht irdisches Wunder: die Verwandlung von Körperfeindlichkeit in Erotik. Reliquien und Folterinstrumente stehen zur Fetischisierung bereit. Im Atrium hängen Autoteile, deren empfindliche Haut ebenfalls Leid erfahren durfte. Stärker lässt sich Empathie kaum reizen.
Ulrich Tragatschnig Chapel of Pain. I wanted to suffer more, to show you how much I love you. Galerie artepari. Graz, Peter-tunner-gasse 60. Bis Ende November. www.artepari.com