Bis zur Katastrophe
schlechte Nachricht: Es kann fast jeder die Kontrolle verlieren. Als Nachbar kann man ausweichen, ein Gespräch suchen – alles vergeblich. „Man erkennt Gefährdete daran, dass ihre querulatorische Entwicklung so intensiv ist, dass sie sich nicht mehr korrigieren lassen. Warum auch? Sie haben ja kein Problem, sondern alle anderen.“
Solche Menschen antworten wie das historische Vorbild Michael Kohlhaas mit immer weiter überzogenen Reaktionen auf vermeintliches Unrecht. Bei manchen geht die Entwicklung bis hin zum Wahn. Hofmann: „Man ist nicht mehr kritikfähig, man erkennt, dass das, was man tut, nicht erlaubt ist. Man kann aber nicht nach dieser Einsicht handeln. Die Zurechnungsfähigkeit ist ausgeschaltet.“
Trotz der wahnhaften Verengung ist Planung möglich. „Die Intelligenz ist ja nicht betroffen, außer in diesem einen Thema.“Aber nicht immer muss es im Amoklauf enden. „Manchmal bricht die Entwicklung ab.“Was geschieht nach der Entladung der Spannung durch die Tat? „Manche töten sich“, sagt Hofmann. „Andere wollen durchaus noch den Prozess, um sich zu erklären und ihre tiefe innere Überzeugung darzulegen.“
Kritik regt sich am Umgang mit Friedrich F. durch Staatsanwaltschaft und Gerichte. „Natürlich hätte man schon früher reagieren können“, sagt ein Grazer Anwalt. „Das Instrument heißt: vorläufige Anhaltung.“Die Staatsanwaltschaft kann sie beantragen, eine Richterin oder ein Richter genehmigt sie.
Eine seiner Mandantinnen sei beispielsweise wegen Selbstund Fremdgefährdung in eine Anstalt eingewiesen worden. Der Anlass: Einmal trat sie vor ein fahrendes Auto. Und einmal biss sie einen Polizisten in den Finger. „Und da haben wir einen, der mehrfach seine späteren Opfer sowie Richter und Staatsanwälte konkret mit dem Tod bedroht hat.“
Jetzt würden Gerichte bewacht und bedrohte Personen beschützt. „Jetzt, ja jetzt, wo zwei Menschen erschossen worden sind.“