Von Günter Sagmeister aus Seoul
shion- und Film-festival statt, Hunderte junge Menschen schwirren rund um das riesige Shoppingcenter, das wie ein Ufo aussieht und von Stararchitektin Zaha Hadid designt wurde. Von jener Zaha Hadid, die auch die preisgekrönte Innsbrucker Bergiselschanze gebaut hat. Beim Hintereingang wird es hektisch, als ein Filmsternchen im kurzen Schwarzen den wartenden Teenies und Fotografen zuwinkt und dann von Bodyguards begleitet in der großen schwarzen Limousine verschwindet. Im Einkaufscenter wuselt es – 24 Stunden rund um die Uhr. Seoul, die wohl westlichste Metropole Asiens, schläft nie. Schon gar nicht im Partyviertel Itaewon, wo Bar neben Klub, Klub neben Pub, Pub neben Shop, Shop neben Boutique usw. angesiedelt sind. Zwischen Wien und Seoul drängt sich ein Vergleich auf: Was hier der Walzer, ist dort Gangnam Style. Schneller, bunter, lauter, schriller, stylisher. Wien ist Minimundus, Seoul moderne Metropole. nd das 50 Kilometer entfernt von der demilitarisierten Zone zwischen Süd- und Nordkorea, einem 248 Kilometer langen und vier Kilometer breiten Streifen, wo sich die Soldaten beider Staaten gefechtsbereit in die Augen schauen. Nach dem
Udes Korea-krieges 1953 wurde diese Sperrzone eingerichtet als Puffer zwischen den beiden Staaten, die sich bis heute formal im Kriegszustand befinden. In den mehr als sechs Jahrzehnten ist hier eine vom Menschen unberührte Natur herangewachsen, bedrohte Arten wie der Mandschurenkranich sind hier sicher. Ausländer dürfen sich die absurdeste Grenze der Welt aus nächster Nähe ansehen, Reisebüros bieten Tagesausflüge an. Für 50.000 Won oder rund 38 Euro gibt es die Grenzbesichtigung plus Begehung des dritten Infiltrationstunnels. Garantiert ohne Stopp bei einem Einkaufszentrum, steht in der Tourbeschreibung. s ist nachvollziehbar, dass die medial stets groß transportierte Kriegsrhetorik von der Koreanischen Halbinsel vielen Sportlern Angst bereitet vor einer Reise zu den Winterspielen. Seit Wochen dreht sich die Eskalationsspirale zwischen Donald Trump und Kim Jong-un. Der Us-präsident droht Nordkorea mit der totalen Zerstörung. Der Diktator, der an einer Atombombe bastelt und Testraketen bis über Japan hinausjagt, will den „geisteskranken, dementen Us-greis mit Feuer bändigen“. Mehr Kriegsgeschrei geht kaum. „Natürlich
Ees Sicherheitspläne“, sagt dazu Österreichs Botschafter Michael Schwarzinger, der für Süd- und Nordkorea zuständig ist. Er lebt in einer Residenz im Botschafterviertel von Seoul mit Blick auf die Stadt und lässt bei einem Besuch die Eingangstüre offen. Auch hier sieht man kein Militär oder strenge Sicherheitsvorkehrungen.
Schwarzinger ist erst seit ein paar Wochen in Südkorea und hat das asiatische Leben und den Flair wie ein Schwamm aufgesaugt. „Landschaftlich schaut es hier ja fast aus wie zu Hause, mir gefällt es außerordentlich gut“, sagt er. Und wie lebt es sich mit Kim Jong-un als Quasinachbar? „Die Leute“, sagt Schwarzinger, „leben hier nicht in Angst. Es ist vielmehr Frustration, dass es trotz aller Bemühungen keine Annäherung gibt und nun wieder eine atomare Aufrüstung stattfindet.“Die Südkoreaner leben nun schon seit vielen Jahrzehnten mit dieser Frustration. Wobei es die Jungen gar nicht anders kennen und es für sie schon wieder zur Normalität gehört.
Schwarzinger ist wie Segelende