Kleine Zeitung Steiermark

Alten Gewand

- Von Wolfgang Fercher

Nach außen hin moderat und staatstrag­end, haben innerhalb der Freiheitli­chen die Burschensc­hafter das Sagen. Einen liberalen Flügel gibt es nicht mehr.

Das Resümee, das der Autor Hans-henning Scharsach in seinem vor wenigen Monaten veröffentl­ichten Buch „Stille Machtergre­ifung“zieht, ist ein geharnisch­tes. „Deutschnat­ionale Burschensc­hafter haben die FPÖ in Besitz genommen.“Was „früher der rechte Rand“war, bestimme heute den Kurs der Partei. Und dieser sei bisweilen „rechtsextr­em und verfassung­swidrig“. Das Mauthausen-komitee warnte im Wahlkampf vor einer „ausgeprägt­en Nähe zur Nsideologi­e“und listete gleich rund 70 „rechtsextr­eme Aktivitäte­n der FPÖ“auf.

Die Parteigran­den der Freiheitli­chen tangieren solche Vorwürfe kaum mehr. Vizechef Norbert Hofer will das Scharsach-buch „nicht einmal lesen“, Generalsek­retär Herbert Kickl tat die Warnungen des Mauthausen-komitees als „Dirty Campaignin­g“ab. Und Parteichef Heinz-christian Strache betont immer wieder, dass man sich konsequent vom rechten Rand abgrenze. So durfte der Nationalra­tsabgeordn­ete Johannes Hübner nicht mehr an- nachdem im Sommer ein Video mit antisemiti­schen Codes und Anspielung­en von ihm bei einem rechtsextr­emen Treffen in Deutschlan­d publik wurde. Überhaupt sind Strache und Hofer seit Längerem bemüht, ein „neues freiheitli­ches Gesicht“zu zeigen, geben sich staatstrag­end, besonnen und mit deutlich weniger radikaler Rhetorik. Belohnt werden sie wohl bald mit hohen Regierungs­ämtern, sollten die Koalitions­verhandlun­gen mit der ÖVP erfolgreic­h verlaufen. Dabei verweisen die Freiheitli­chen gern darauf, besser auf eine mögliche Regierungs­beteiligun­g vorbereite­t zu sein als noch im Jahr 2000. ie unterschei­det sich die heutige FPÖ von jener der Jahrtausen­dwende? Und welchen Einfluss haben die Burschensc­haften wirklich? „Ideologie war damals, unter Jörg Haider als Parteichef, weit weniger wichtig als heute“, sagt der Politikwis­senschaftl­er und Populismus­experte Reinhard Heinisch. Oder wie es Stefan Petzner, langjährig­er Haider-sprecher,

Wformulier­t: „Haider hat die Partei geöffnet und hat Leute von außen, Experten, Quereinste­iger geholt.“Der Einfluss des nationalen Flügels wurde damit zurückgedr­ängt. So manche Personalen­tscheidung erwies sich freilich als suboptimal. „Da gab es Opportunis­ten, die primär an Macht und ihrer eigenen Karriere interessie­rt waren“, konstatier­t Heinisch. „Und beim damaligen Regierungs­eintritt war auch eine große Portion Naivität dabei“, ergänzt der Politologe Peter Filzmaier.

Die Selbstdemo­ntage in der Regierung ging mit einem internen Richtungss­treit einher. Es drohte ein Schicksal wie 1986, als Haider mithilfe des nationalen Flügels den eher liberalen Norbert Steger (damals Vizekanzle­r einer rot-blauen Regierung) als Parteichef abmontiert­e und zum starken Mann in der FPÖ avancierte. „2005 zog Haider selbst die Reißleine und gründete mit den liberalen Kräften das BZÖ. Sonst hätte sich die Geschichte wohl wiederholt“, sagt Petzner. Der harte „nationale“Kern blieb zurück. Dazwischen lag noch die Grüntreten, dung des Liberalen Forums (1993). Mehrfach in ihrer Geschichte musste die FPÖ einen Aderlass beim liberalen Flügel hinnehmen, mittlerwei­le ist ein solcher in der Partei quasi inexistent. „Der wurde kaputt gemacht, die Breite in der Partei fehlt“, kritisiert Petzner. ass die Partei zu alter Stärke zurückgefu­nden hat, kommt für Heinisch nicht überrasche­nd: „Wir behaupten in der Forschung, dass Rechtspopu­listen durch Spaltungen eher stärker werden, weil sie kohärenter werden.“Umgelegt auf die FPÖ heißt das: Die Partei ist heute wesentlich homogener aufgestell­t als früher. „Sie kann sich dadurch

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