Der Posten, der Schacher und die Politik
Schwarz-blauer Wunschkandidat: Michael Grossmann wird Leiter des Grazer Kulturamts. Die Opposition fordert Neuausschreibung.
Bei der Abstimmung im Gemeinderat wird es mit der Einstimmigkeit allerdings nichts werden. Der Name Grossmann ist durch seinen fliegenden Wechsel mitten im Gemeinderatswahlkampf von der SPÖ zu Nagl zu einem Politikum geworden. Grüne und Neos fordern nun überhaupt eine Neuausschreibung, die KPÖ sieht ein „nächstes Kapitel des schwarz-blauen Postenschachers“. Und die SPÖ spricht von einer „politischen Entscheidung. Beim Bürgermeister ist der Grat zwischen Kulturpolitik und politischer Unkultur sehr schmal“, sagt Gemeinderätin Anna Robosch.
Der Vorwurf des Postenschachers wird im Kulturbereich nun bereits zum zweiten Mal binnen zwei Wochen erhoben. Ende Oktober haben SPÖ und
„Fachliche Kompetenz ist das Wichtigste“
Robin Klengel, Vorstandsvize Forum Stadtpark: Wir finden es schade, dass viele qualifizierte Kandidatinnen und Kandidaten nicht berücksichtigt wurden. Wir haben schon in einem offenen Brief gefordert, dass fachliche Kompetenz das Wichtigste ist. ÖVP auf Landesebene die Joanneumsspitze neu besetzt, ÖVP und FPÖ nun gemeinsam das Kulturamt in Graz. In beiden Fällen war schon im Vorfeld klar, wer nach dem Hearing als Sieger dastehen wird. Dort Wolfgang Muchitsch und Alexia Getzinger, da eben Michael Grossmann.
In Graz hat das zu einer Absagewelle geführt: Nur drei der sechs eingeladenen Bewerber hatten sich letztlich noch dem Hearing gestellt. Selbst Jurymitglieder halten das für problematisch. „Hochkompetente Bewerber wurden zuvor ja gezielt wieder ausgeladen“, kritisiert Kpö-gemeinderätin Christine Braunersreuther.
Die geforderte Neuausschreibung kommt dennoch nicht: „Es ist alles korrekt abgelaufen“, betont Personalstadtrat Eustacchio.
„Kunstproduktion unterstützen“
Ilse Weber, Leiterin esc medien kunst labor: Unabhängig vom Namen des Kulturamtleiters ist von diesem zu erwarten, dass er den enormen Stellenwert, den Kunst für diese Stadt hat, kennt und alles daran setzt, die Kunstproduktion bestmöglich zu unterstützen.
Michael Grossmann selbst will zu all dem vorerst nichts sagen. Er sei derzeit nur vorgeschlagen und „möchte der Entscheidung der Gemeinderäte nicht vorgreifen“. Er, der ja selbst als Spö-klubobmann im Gemeinderat war, wird sich aber etwas überlegen müssen, wie er diesen politischen Gegenwind wieder abfangen kann.
Die Kulturszene selbst kritisiert vor allem das Prozedere zwischen abgesprochener Packelei bei Vortäuschung eines objektiven Hearings (siehe Blitzumfrage unten).
Edith Draxl vom Kulturverein unit sagt: „Grossmanns Vorgänger hinterlässt große Fußstapfen. Um dem gerecht zu werden, gilt es, einiges zu tun: den Kontakt zur Szene zu suchen und in einen künstlerischen Diskurs einzusteigen.“
„Graz bräuchte eine Aufbruchstimmung“
Werner Schrempf, Intendant La Strada: Graz bräuchte eine Aufbruchstimmung. Dafür ist dieses Prozedere das falsche Signal, sowohl für die Szene als auch für die Öffentlichkeit. Die Vorgehensweise frustriert engagierte Kulturschaffende.