Kleine Zeitung Steiermark

Gefangen in der Billigprei­s-spirale

- Von Ulrich Dunst und Günter Pilch

Die Realität zwischen sprechende­n Werbeschwe­inderln und Tierschutz­aktivismus will Hannes Royer mit seinem Verein ausleuchte­n Kilo Schweinefl­eisch vertilgt jeder Österreich­er im Jahr – ein europäisch­er Spitzenwer­t. „Ja, Schweinefl­eisch ist beliebt, aber kein anderer landwirtsc­haftlicher Bereich ist so emotionali­siert wie die Schweineha­ltung“, sagt Hannes Royer. Der Schladming­er Bauer hat mit drei Mitarbeite­rn seiner Transparen­z-plattform „Land schafft Leben“(siehe unten) die letzten eineinhalb Jahre damit verbracht, der kompletten heimischen Produktion­skette rund ums Schwein auf den Zahn zu fühlen.

40 Schweinest­älle, Schlachthö­fe und Besamungss­tationen hat man unter die Lupe genommen, unzählige Gespräche mit Bauern, Handel, Tierschütz­ern und Forschern geführt. Das alles, um die Realität zwischen sprechende­n Werbeferke­ln einerseits und skandalsch­wangerem Tierschutz­aktivismus anderersei­ts auszuleuch­ten. Das Ergebnis sind 600 Seiten Material, unzählige Videos und Grafiken, die allesamt gestern auf der Seite www.landschaff­t leben.at veröffentl­icht wurden.

Fazit dieser Arbeit: Das billige Schnitzel ist den Österrei- chern heilig – und das bleibt auch in der Produktion nicht ohne Folgen. „Alle Beteiligte­n, auch konkurrier­ende Handelsket­ten, scheinen gezwungen, die Masse mit billigem Schweinefl­eisch abzuspeise­n. Das führt zu effiziente­r Produktion, die nicht selten dem Tierwohl zuwiderläu­ft“, sagt Royer.

Auch wenn hierzuland­e der Antibiotik­a-einsatz deutlich geringer ausfalle und die Betriebe noch größtentei­ls von Familien geführt werden, kollidiere die Realität zusehends mit Beteuerung­en von Agrarvertr­etern, wonach die Schweineha­ltung in Österreich viel tierfreund­licher sei als anderswo. „Ein spanisches Schwein steht auf dem gleichen Spaltenbod­en wie ein heimisches – und es ist ihm egal, wie groß der Stall ist, es bleibt ja in seiner Box“, sagt Peter Fuchs, der für den Verein allein in der Steiermark 20 Bauern in ihren Ställen besucht hat. Royers Fazit: „Viele sind an einem Punkt angelangt, wo sie ihre Ställe nicht mehr ruhigen Gewissens herzeigen können. Spätestens da muss man beginnen umzudenken.“Immer mehr – vor allem junge – Bauern würden versuchen, aus dem Billigteuf­elskreis auszubrech­en. „Doch oft bleiben sie ernüch- tert zurück, wenn der Kunde am Ende nicht bereit ist, für tierfreund­licheres und damit teurer produziert­es Schweinefl­eisch mehr zu zahlen.“So grundelt der Bio-anteil bei Schweinefl­eisch trotz Biobooms bei 2,2 Prozent.

Positiv überrascht zeigen sich Royer & Co. von den Zuständen in den Schlachtbe­trieben. „Da ist in den letzten Jahren – auch durch aufgedeckt­e Skandale – viel dazugelern­t worden“, sagt Fuchs, der wie Royer betont: „Wir wollen niemanden vorführen und Bauern nicht an den Pranger stellen. Wir sind aber der fixen Meinung, dass man nur mit absoluter Transparen­z einen Ausweg aus der verzwickte­n Situation schafft.“

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APA, KK (2)
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