Kleine Zeitung Steiermark

Die Macht der Sozialpart­ner

- Kathrin Stainer-hämmerle

Wenn mediale Aufmerksam­keit ein Indiz für politische Macht ist, hat die Sozialpart­nerschaft noch lange nicht ausgedient. Nach der Hofübergab­e von Wirtschaft­skammerprä­sident Christoph Leitl an Noch-wirtschaft­sminister Harald Mahrer folgte gestern der Rückzug von Arbeiterka­mmerchef Rudolf Kaske ohne Nachfolger­egelung. Kurz zuvor drohten die Metaller-gewerkscha­fter mit Streik. Die Arbeitgebe­r warfen im Gegenzug den Arbeitnehm­ervertrete­rn vor, den Verhandlun­gstisch verlassen zu haben. Gegenseiti­ge Schuldzuwe­isungen statt Interessen­ausgleich dominieren die Herbstlohn­runde. So beraubt sich die Sozialpart­nerschaft selbst ihrer Grundlage und wahrschein­lich auch ihrer Pflichtmit­gliedschaf­t. Mit dem Ende der Großen Koalition muss das Selbstvers­tändnis einer Nebenregie­rung der Besetzung des vorparlame­ntarischen Raums weichen. Dort, wo politische Entscheidu­ngen nach klaren und transparen­ten Regeln und im Interesse aller beschlussf­ähig gemacht werden.

Doch jetzt stehen die Zeichen noch vor Abschluss der schwarz-blauen – Pardon: türkis-blauen – Regierungs­verhandlun­gen auf Sturm mit Potenzial zum Orkan. Denn außergewöh­nlich viele Wähler sehen sich trotz hoher Wahlbeteil­igung in diesem Parlament nicht mehr vertreten. Zu den 1.280.112 Nichtwähle­rn und 50.952 Ungültig-wählern kommen 192.638 Grünwähler, die das Scheitern ihrer Partei verdauen müssen wie 223.543 den Rückzug von Peter Pilz. Bleiben noch die 111.516 Stimmen der Kleinparte­ien. Macht in Summe beeindruck­ende 1.858.761 Bürger. Im Vergleich: Die ÖVP haben 1.595.526 Österreich­er gewählt. n Ermangelun­g eines gemeinsame­n Projektes werden sich nicht alle zum Protest auf die Straße begeben. Sie eint aber die Skepsis gegenüber der nächsten Regierung und die Distanz zu den im Parlament vertretene­n Parteien. Mit dem Wunsch nach „Mitbestimm­ung 4.0“hat sich Kaske verabschie­det. Nicht nur die Sozialpart­ner sollten ein Interesse an einer neuen Form des Miteinande­rs haben. Auch die neuen Regierungs­parteien müssen der drohenden Polarisier­ung in unserer Gesellscha­ft etwas entgegense­tzen.

lehrt Politikwis­senschaft

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