„Unerträgliche Farce“sorgt für Protestaktion
Knalleffekt: Umstrittene Bestellung des Grazer Kulturamtleiters bewegt Juroren des städtischen Kunstpreises zum Rücktritt.
Das nennt man scharfe Worte: „Die unerträgliche Farce rund um die Bestellung des neuen Kulturamtsleiters, bei der ein Parteikandidat gegen zahlreiche wesentlich qualifiziertere Bewerberinnen aus dem Kunst- und Kulturbereich vorgezogen wurde, veranlasst uns, unsere Tätigkeit als Jurorinnen des Kunstpreises der Stadt Graz zurückzulegen“, heißt es in einem gemeinsamen Schreiben der Kunsthistorikerin Peter Weibel: Gertrude Celedin, des Abgang unter Architekturtheoretikers Protest Anselm Wagner und des Künstlers Peter Weibel.
Damit besteht die Jury für den biennal vergebenen, mit 14.500 Euro dotierten Preis aktuell nur aus Kunsthaus-kuratorin Katrin Bucher-trantow und dem letztjährigen Preisträger Wolfgang Buchner. Und: Gegen die Ernennung des früheren Sp-kulturstadtrats Michael Grossmann gibt es damit die erste Protestaktion, noch ehe der nun von Övp-bürgermeister Siegfried
Nagl unterstützte Ex-politiker dem Gemeinderat überhaupt offiziell vorgeschlagen wurde.
Konkret kritisieren die drei die Dreistigkeit, mit der ein „Postenschacher“von der Stadtregierung „allen Ernstes als ,offenes Rennen‘ und ,objektives Verfahren‘ verkauft wurde“. Fazit: „Wir lassen uns nicht für dumm verkaufen. In der Kunst und der Wissenschaft zählt – wie in allen anderen Bereichen auch – allein fachliche Kompetenz. Partei- bücher haben dabei nichts verloren. Wir wollen unseren guten Namen nicht weiter für eine Stadtregierung hergeben, die das offensichtlich anders sieht“, sagen Celedin, Wagner und Weibel.
Der Grazer Neos-gemeinderat Niko Swatek fordert nun eine Neuausschreibung des Kulturamt-jobs samt öffentlichen Hearings. Begründung: „Eine innovative und weltoffene Stadt setzt die Kultur in den Vordergrund und missbraucht sie nicht, um persönliche Gefälligkeiten des Bürgermeisters einzulösen.“
Für Kulturstadtrat Günter Riegler von der ÖVP kann von Postenschacher keine Rede sein: „Das ließe ich nur gelten, wenn jemand völlig habituell Ungeeigneter zum Zug käme“, Grossmann aber sei „ein würdiger Bewerber“gewesen. An der Entscheidung für ihn werde sich nichts ändern: „Das wäre auch nicht rechtskonform, nachdem ihn eine sechsköpfige Jury einstimmig gewählt hat.“Personalstadtrat Mario Eustacchio werde daher den Bestellungsvorschlag in den Gemeinderat einbringen, „wie angekündigt“. Der Abgang von Celedin, Wagner, Weibel tue ihm leid, so Riegler: „Sie haben jahrelang gute Arbeit geleistet.“Da Weibel schon vor einiger Zeit einen Rückzug avisiert habe, sei eine Neubesetzung aber ohnehin schon angedacht gewesen. Mit wem? Riegler: „Das ist noch nicht spruchreif.“UB