Kleine Zeitung Steiermark

Die Wut der Bürger und das Verbrechen

- Von Alfred Lobnik Die Gründe

Spektakulä­re Verbrechen vermitteln den Eindruck, dass sich Gewalttate­n häufen. Die Statistik widerspric­ht – zumindest bei uns.

Seit zwei Wochen hält ein flüchtiger Gewalttäte­r eine ganze steirische Region in Atem. Die Schüsse von Stiwoll sind aus heiterem Himmel gekommen, auch wenn der erbitterte Streit der Nachbarn und der sich aufbauende Hass schon länger evident waren.

Tage später überfuhr in New York ein Amokfahrer aus religiösem Hass Radfahrer und tötete acht Menschen. Er fühle sich „gut“, sagte er danach, handelte er doch aus „höheren“Motiven – im Dienst eines religiösen Wahns. Der „Islamische Staat“reißt in seinen Todeszucku­ngen noch Menschen in den Abgrund – in New York, in London, Paris, Berlin und wo immer er zuschlagen kann.

Und es ist gerade einmal eine Woche her, dass ein Mann in Texas eine Kirche stürmte und mit einer automatisc­hen Waffe binnen Minuten 26 Menschenle­ben auslöschte, darunter das Leben eines ungeborene­n Kindes.

Gibt es eine Konstante, die sich durch alle diese Taten zieht? Können krankhafte Gerechtigk­eitsfanati­ker, religiöse Eiferer und blindwütig­e Amokschütz­en etwas gemein haben? Vielleicht den wachsenden Hass und das Fallen jeglicher hemmender Schranken? Haben „Wutbürger“oder „besorgte Bürger“in den politische­n Auseinande­rsetzungen der vergangene­n Jahre mitgeholfe­n, die Saat zu säen, die Gewalt gegen Andersdenk­ende plötzlich denkbar macht oder gar legitim erscheinen lässt? Oder hat sich das wieder die Lügenpress­e ausgedacht? In Deutschlan­d gibt es fast täglich Übergriffe auf Asylunterk­ünfte.

Und in den USA? Zumindest Waffen sind dort leichter verfügbar. Präsident Donald Trump hatte zu Texas gleich eine Antwort parat: „Wir haben ein Problem mit mentaler Ge- sundheit, nicht mit den Waffengese­tzen.“Und das war nicht selbstkrit­isch gemeint.

Die Air Force, die den Amokschütz­en von Texas unehrenhaf­t entlassen hatte, der angeblich später aus Hass auf seine Schwiegerm­utter getötet hat, hatte vergessen, dessen mentale Probleme an das FBI weiterzume­lden. So konnte er problemlos Waffen kaufen.

Fast ist angesichts dessen schon vergessen, dass erst am 1. Oktober ein Mann in Las Vegas auf die Besucher eines Konzerts gefeuert und 58 Menschen getötet und 515 verletzt hat. Die Verfügbark­eit von Waffen spielt laut Us-regierung bei all dem keine Rolle. Ihr passt ins Bild, dass der Schütze von Texas von einem ehemaligen Waffeninst­ruktor der National Rifle Associatio­n (NRA), der einflussre­ichen Us-waffenlobb­y, verfolgt und gestellt wurde. Deren Argument: Man braucht sogar noch mehr Waffen, um Unschuldig­e zu verteidige­n.

Gewalt ist generell ein männliches Problem, und da vor allem ein Problem jüngerer Männer. Tendenziel­l sinken die Zahlen von Gewaltdeli­kten, vor allem von jugendlich­en Gewalttäte­rn in Deutschlan­d, aber auch in Österreich. Es gibt aber einen gegenläufi­gen Trend: Die Experten orten „erhöhte Gewaltbere­itschaft bei gesunkener Hemmschwel­le und teilweise brutaleres Vorgehen“.

sind umstritten: problemati­sche Wohnvierte­l und Milieus, mangelnde Perspektiv­en und Anerkennun­g, das Gefühl, abgehängt zu sein, mangelndes Selbstwert­gefühl, Neid, Langeweile ... Auch die Klassiker – brutale Filme und Gewaltspie­le – werden ins Treffen

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