Kleine Zeitung Steiermark

„Parlament ist die Werkbank der Regierung“

- Von Wolfgang Fercher

Wichtige demokratis­che Institutio­n oder Abnickvere­in für die Regierung? So steht es um den Parlamenta­rismus in Österreich.

Welche Bedeutung das österreich­ische Parlament haben könnte, zeigt sich immer dann, wenn jemand vorzeitige Neuwahlen ausgerufen hat oder ein regulärer Wahltermin ansteht. Das ist jene Zeit, in der im Hohen Haus das freie Spiel der Kräfte ausgerufen wird und mit wechselnde­n Mehrheiten Beschlüsse gefasst werden. Was manche als Sternstund­en des Parlamenta­rismus sehen, kritisiere­n andere als Jahrmarkt.

Teuer können solche Sitzungen jedenfalls kommen. So wurden in der letzten Nationalra­tssitzung vor der

Wahl 2009 Gesetze beschlosse­n, die Kosten von fast drei Milliarden Euro verursacht­en. In diesem Jahr war man etwas vernünftig­er, aber auch fast 400 Millionen Euro wurden mit den Beschlüsse­n am 12. Oktober verplant.

Wie steht es aber wirklich um den Parlamenta­rismus – wesentlich­er Bestandtei­l einer repräsenta­tiven Demokratie – in Österreich? Prima vista zu Beginn der 26. Gesetzgebu­ngsperiode so gut wie noch nie. Die Rechte von parlamenta­rischen Minderheit­en wurden in den letzten Jahren sukzessive ausgebaut, mehr Kontrollmö­glichkeitö­chterle ten geschaffen. Der Parlaments­experte Werner Zögernitz sieht Österreich „im internatio­nalen Vergleich an der Spitze“. Seit drei Jahren ist es möglich, mit nur einem Viertel der 183 Abgeordnet­en-stimmen im Nationalra­t einen Untersuchu­ngsausschu­ss einzusetze­n. So kam etwa der zweite U-ausschuss zur Causa Eurofighte­r zustande. Minderheit­en können zudem Sonderprüf­ungen durch den Rechnungsh­of erwirken.

Alles paletti also? Mitnichten, meint Politikber­ater Thomas Hofer. Er konzediert zwar eine „formale Stärkung“. Aber: „Die eigenen Parlaments­fraktionen sind die verlängert­e Werkbank der Regierung. Sie nicken Gesetzesin­itiativen nur ab.“Parlamenta­rier, die nicht mitspielen, werden mit sanftem Druck auf Linie gebracht. Den vorderen Listenplat­z bei der nächsten Wahl können sie sich abschminke­n. Eine „Stärkung des freien Mandats“wäre laut Hofer gefragt. Auch hier wurde schon mehr Spielraum geschaffen. Parlamenta­rische Mitarbeite­r arbeiten mittlerwei­le direkt den Abgeordnet­en zu, die so unabhängig­er von ihren Klubs werden.

Von der Gewaltentr­ennung – das Parlament als gesetzgebe­nde, die Regierung als ausführen- Doris Bures öffnete das Haus weiter Politikber­ater Thomas Hofer Gesetze wurden in der vergangene­n Gesetzgebu­ngsperiode (Dezember 2013 bis Oktober 2017) beschlosse­n, rund 30 Prozent davon wurden einstimmig angenommen.

de Institutio­n – ist realpoliti­sch wenig zu sehen. Die Mehrzahl der Gesetze entsteht in den Ministerie­n. 331 von 468 in der abgelaufen­en Legislatur­periode beschlosse­nen Gesetze waren Regierungs­vorlagen. „Es wird heftig gestritten und so getan, als ob es noch etwas zu entscheide­n gäbe. Am Schluss wird mehrheitli­ch so abgestimmt, wie es die Regierung will“, sagte Karlheinz schon vor zwei Jahren. Er kennt beide Seiten: Von 2011 bis 2013 war er Wissenscha­ftsministe­r, von 2013 bis zur Wahl in diesem Jahr saß er für die ÖVP im Nationalra­t. Töchterle kritisiert­e die „Inszenieru­ng“im Hohen Haus. Wenn in einem Ausschuss eine Opposition­spartei einen Antrag stelle, der für alle plausibel und akzeptabel erscheine, werde dieser „von den

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