Kleine Zeitung Steiermark

Rekorderlö­s für den

- Von Erwin Hirtenfeld­er

Ein Fall von wundersame­r Vermehrung: Leonardo da Vincis „Salvator Mundi“, einst verscholle­n und verkannt, wurde in New York für 450 Millionen Dollar versteiger­t.

Haben oder Sein“lautet der Titel eines Klassikers von Erich Fromm, in dem sich der große Sozialpsyc­hologe mit einem grundlegen­den Spannungsf­eld im menschlich­en Charakter auseinande­rsetzt. Ein anonymer Anrufer bei Christie’s New York hat sich am Mittwochab­end unmissvers­tändlich für Ersteres entschiede­n. 19 Minuten dauerte sein Bietergefe­cht um Leonardo da Vincis „Salvator Mundi“, bis ihm Christie’s-chef Jussi Pylkkänen bei 400 Millionen Dollar den Zuschlag erteilte – ein einsamer Rekord in der bisherigen Auktionsge­schichte.

Bereits beim Erreichen der 200-Millionen-marke war bei den rund 1000 Adabeis im Auktionsha­us Applaus aufgebrand­et, der sich schließlic­h zum Gejohle steigerte. Am meisten Grund dazu hätte wohl der bisherige Besitzer des Bildes gehabt, der sein Vermögen um ein schönes Sümmchen vermehren konnte, übrigens ganz im Sinne der Auktion (auctio, lat.), was so viel wie „Vermehrung“bedeutet. Der russische Milliardär Dmitri Rybolowlew hatte das Gemälde erst vor vier Jahren von einem Schweizer Kunsthändl­er für 127,5 Millionen erstanden und diesen danach wegen Wuchers verklagt.

Dabei begann die wunderbare Geldvermeh­rung bereits 1958. Damals wechselte das lange Zeit verscholle­n geglaubte Christuspo­rträt als „Werk der Leonardo-schule“für 125 Dollar In New York sündteuer versteiger­t: da Vincis „Weltenrett­er“

den Besitzer. 2005 tauchte es dann in einem amerikanis­chen Nachlass auf, aus dem es ein New Yorker Kunsthändl­er für 10.000 Dollar herauskauf­te.

Mit der Gesamtsumm­e von rund 450 Millionen Dollar (inklusive Gebühren) – das entspricht beinahe dem österreich­ischen Kulturbudg­et 2017 – übertrifft der „Erlöser der Welt“das bisherige Rekordgemä­lde von Pablo Picasso (siehe Info) um mehr als das Doppelte. Ob er das viele Geld auch wert ist, galt schon vor der Versteiger­ung als umstritten. Experten wie der Leipziger Kunstprofe­ssor Frank Zöllner bemängelte­n nicht nur den schlechten Erhaltungs­zustand des auf Walnusshol­z gemalten

Ölbildes, sondern sprachen auch von einer möglichen Kopie eines Leonardo-schülers.

Der neue, noch unbekannte Besitzer des sündteuren „Weltenrett­ers“, wohl einer der derzeit 1400 Milliardär­e, scheint solche Zweifel nicht gehabt zu haben. Solange er seine Trophäe nicht mit ins Grab nimmt, wie es 1989 der Japaner Ryoei Saito nach Erwerb eines Van Gogh und Renoir angedroht hatte, kann das der staunenden Öffentlich­keit auch egal sein.

Letztlich gilt immer noch, was schon besagter Auguste Renoir wusste: „Machen Sie sich klar, dass es nur einen einzigen Ort gibt, wo sich der Wert der Bilder erkennen lässt, und das ist der Auktionssa­al.“

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