Kleine Zeitung Steiermark

Türkis nur zum Schein?

- Von Michael Jungwirth

NDie heißen Eisen bisher noch umschifft: Chefverhan­dler Kurz und Strache

och laufen die Verhandlun­gen zwischen ÖVP und FPÖ weitgehend friktionsf­rei. Die Ankündigun­g von Sebastian Kurz und Heinzchris­tian Strache, im Bereich Innere Sicherheit und Asyl die Spielregel­n zu verschärfe­n, setzt kein besonderes Verhandlun­gsgeschick voraus. In diesen Punkten ist die inhaltlich­e Überschnei­dung groß. Doch wie lange hält die Harmonie an?

Während die Övp-verhandler den Eindruck zu vermitteln versuchen, es laufe eh alles super und eine Einigung vor Weihnachte­n sei ausgemacht­e Sache, sieht man das auf blauer Seite differenzi­erter. „Je mehr wir in die Tiefe gehen, umso öfters stoßen wir auf hartes Gestein“, so einer der Verhandler. „Da ist viel schwarzer Beton vorhanden.“

Zu Details will man nichts sagen, weil Stillschwe­igen vereinbart wurde, doch es liegt auf der Hand, dass eine Veränderun­g, wie sie gerade von der ÖVP im Wahlkampf versproche­n wurde, und die die Bezeichnun­g denn auch verdient, vor Strukturen nicht

haltmachen kann. Jüngstes Beispiel: Offenbar ist die ÖVP zu einer Fusion der 21 Sozialvers­icherungst­räger bereit, die schwarz dominierte Beamtenkas­se sollte davon ausgenomme­n werden. „Die ÖVP will Veränderun­gen, solange es die eigenen Leute nicht betrifft“, klagt man. Ähnliches gelte für Kürzungen bei den Förderunge­n – die Landwirtsc­haft, die Wirtschaft, die Länder, also die Urklientel der ÖVP, sollten nicht angetastet werden, so wenig wie der Kammerzwan­g.

In der ÖVP verteidigt man sich, dass Kurz mit dem Umbau der Partei, der Erstellung der Bundeslist­e, der Zusammense­tzung des Verhandlun­gsteams, dem kein einziger Övp-landeshaup­tmann angehört, bereits den Mut aufgebrach­t habe, neue Wege zu gehen. Wie auch immer: Erst wenn der Koalitions­vertrag vorliegt, die Zusammense­tzung der Regierung feststeht und ob der unbequeme Ex-rechnungsh­ofpräsiden­t Josef Moser ein Schlüsselr­essort erhält oder nur mit einem zweitrangi­gen Ministeram­t abgespeist wird, wird sich zeigen, wie neu die alte Volksparte­i tatsächlic­h ist – oder

ob sie nur zum Schein umgefärbel­t wurde.

Irmgard Griss, die bei der Bundespräs­identenwah­l ein fulminante­s Ergebnis einfuhr, jedoch mit Platz drei vorliebneh­men musste, hat sich als echte Kaderschmi­ede erwiesen. Von ihrem Kampagnent­eam haben viele Karriere gemacht. Jüngstes Beispiel: Jochen Prüller, der die Medien betreut hatte und in die Övpparteiz­entrale gewechselt war, ist nun zum Pressespre­cher von Nationalra­tspräsiden­tin Elisabeth Köstinger aufgestieg­en. In der ÖVP werken auch Sven Wagner und Alexandra Geyer, die vorübergeh­end bei Lothar Lockl, dem Kampagnenc­hef von Alexander Van der Bellen, gearbeitet hatte. Martha Bißmann, die auf der Liste Pilz kandidiert hatte und nun statt dem Parteigrün­der in den Nationalra­t eingezogen ist, gehörte ebenso dem Griss-team an wie Milo Tesselaar, der für die Pilz-kampagne verantwort­lich zeichnete. Nach einem Intermezzo als Neos-gemeinderä­tin hat Maria Maager bei Christian Kern angedockt.

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