Frau ohne Glacéhandschuhe
lament, wurde vom Bundespräsidenten dezidiert ausgeschlossen, obwohl ihn zuvor niemand für dieses Amt ins Spiel gebracht hatte. Alexander Van der Bellen störte dessen Fraktionszusammenarbeit mit explizit europafeindlichen Parteien wie Le Pens Front National.
Nun also Karin Kneissl. Die aus Talkshows, aus Interviews und Gastkommentaren auch den Leserinnen und Lesern dieser Zeitung für kantige Meinungen bekannte Diplomatin, die vor 19 Jahren ihren Beruf an den Nagel gehängt hatte, bringt immerhin nicht nur eine Anfrage vonseiten des Fpö-chefs mit, wie sie am Samstag der „Presse“anvertraute, sondern auch einschlägige Qualifikationen.
1990 bis 1998 hat sie im Außenministerium gearbeitet, im Kabinett Mock, später in Madrid und Paris. Seither lehrt sie an Universitäten im In- und Ausland, schreibt Bücher, hält Vorträge. Ihre Publikationen befassen sich mit dem Nahen Osten („Mein Naher Osten), mit China („Die Wachablöse“), mit den Ursachen von Revolutionen („Testosteron Macht Politik“). Für junge Leser schrieb sie ein Buch über Prinz Eugen.
die als unabhängige Kandidatin auf einer Övpliste für den Gemeinderat in Seibersdorf kandidierte, pflegt auch gute Kontakte zur FPÖ und gab wiederholt der Zeitschrift „unzensuriert“Interviews. Trotz dieser Überschneidungen reagierte man aufseiten des Övp-verhandlungsteams überrascht über ihre öffentliche „Bewerbung“.
Der Satz des römischen Philosophen Seneca auf der Aufschlagseite ihrer Homepage liest sich jedenfalls nicht wie eine Bewerbung als Chefdiplomatin: „Lieber will ich durch Wahrheit anstoßen als durch Schmeichelei gefallen.“