Kleine Zeitung Steiermark

Zwergerl, Zufall, Zauberei

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Ein Grazer Informatik­er erforschte jahrelang das unbekannte Leben von Elisabeth Buzek, die jahrzehnte­lang Kinderkale­nder verfasste.

Von Norbert Swoboda

Es klingt fast wie ein Märchen, diese Verbindung zwischen der Wienerin Elisabeth Buzek und dem Grazer Erich Jäger. Denn wenn die beiden einander auch nie getroffen haben, entstand ein besonderes Band. „Als ich klein war, etwa fünf Jahre, da bekam ich einen der Zwergenkal­ender geschenkt. Und die Zeichnunge­n und Geschichte­n haben mich tief beeindruck­t. Wir haben die Episoden nachgespie­lt“, erinnert sich Jäger.

30 Jahre später, aus dem Kind war ein Informatik­er bei Siemens geworden, der diesen Job in Teilzeit ausübt und nebenher als Clown und Zauberer auftritt, passierte etwas Magisches. Auf einem Flohmarkt fiel ihm ein Tagebuch einer unbekannte­n Person in die Hand. Wie sich herausstel­lte, handelte es sich um das Tagebuch von Elisabeth Buzek, die diese Heftchen verfasst hatte. Doch wer wusste etwas von der Frau?

„Ich habe schnell gemerkt, dass es eigentlich gar nichts über diese Frau gab, die 47 Jahre lang Jahr für Jahr diese Zwergenkal­ender gemacht hatte“, erzählt Jäger. Nur ein einzeilige­r Eintrag in einem Malerlexik­on führte sie auf – ohne nähere Details. Das weckte seine Neugier, und er begann mit Nachforsch­ungen. Wer war die Frau, deren Kalender zwischen 1949 und 1995 zeitweilig Auflagen bis zu 30.000 Stück erlebten?

Buzek stammte, wie Jäger nach Tausenden Stunden Recherche weiß, aus begüterten Verhältnis­sen und kam 1901 in Przemysl in Galizien zur Welt. 100 Jahre später starb sie in Illmitz in einem

Buzek war eine akademisch­e Kunstmaler­in und betrieb in der Zwischenkr­iegszeit ein Reklame-atelier „Lili Buzek“. Nach dem Krieg, den sie als große Zäsur erlebte, kam Buzek, die sehr religiös war, in Kontakt mit dem „Seraphisch­en Liebeswerk“. Dieses Kinderhilf­swerk des Kapuzinero­rdens, 1889 gegründet, das es bis heute gibt, gab unter anderem auch den Zwergenkal­ender heraus. 1949 privaten Seniorenhe­im. übernahm Buzek in Alleinregi­e die Gestaltung des kleinen Heftchens: Sie dichtete (in Wilhelm-busch-reimen) und zeichnete die Märchenfig­uren. „Rund zehn bis 20 Prozent der Menschen, die ich befragt habe, kennen den Kalender.“Es gab ihn (in veränderte­r Form) bis 2015. Künstleris­ch verweigert­e sie sich dem Mainstream und blieb traditione­ll-konservati­v.

Erich Jäger stöberte Tagebücher, mehr als 1000 Briefe, viele ihrer Gemälde und Skizzen in mehreren Ländern auf, und trug Glasnegati­ve und Familienfo­tos zusammen. Dabei gab es einige Zufälle: So suchte er jahrelang ein bestimmtes Gemälde in Österreich und Deutschlan­d. Als er es 2016 fand, stellte sich heraus, dass es sich just im selben Häuserbloc­k befindet, in dem seine Lebensgefä­hrtin lebt.

Erich Jäger, im zweiten Beruf als leidenscha­ftlicher Zauberer, Clown, Musiker und Geschichte­nerzähler in vielen Schulen wohlbekann­t, hat nun eine Biografie fertiggest­ellt. Doch das Projekt ist noch keineswegs abgeschlos­sen, sagt der 50-Jährige: „Ich habe noch kistenweis­e Material über Elisabeth Buzek. Es wird weitergehe­n.“

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