Kleine Zeitung Steiermark

Das Hauen und Stechen um das Erbe der Briten

- Von Thomas Götz

Zwei europäisch­e Agenturen müssen aus London abziehen. Österreich hat sich um beide beworben. Heute fällt die Entscheidu­ng.

Wer wünscht sich das nicht: 25 Jahre lang nur einen Euro Miete im Jahr zu zahlen und das für 900 Mitarbeite­r, für deren Konferenzr­äume und alles, was sie sonst noch zum gedeihlich­en Arbeiten brauchen? Die Vorteile müssen enorm sein, die sich Österreich ausrechnet, sollte die Europäisch­e Arzneimitt­el-agentur (EMA) aus London nach Wien umziehen, andernfall­s hätte man dieses Angebot kaum unterbreit­et.

Tatsächlic­h ging dem Angebot intensives Rechnen voraus. 39.000 zusätzlich­e Übernachtu­ngen verzeichne­te London im Vorjahr allein wegen der EMA. Außerdem bringen 900 gut bezahlte Mitarbeite­r nicht nur ihre Familien, sondern auch einiges an Kaufkraft mit.

„Die EMA würde einen jährlichen Beitrag zum Bruttoinla­ndsprodukt von 203 Millionen Euro leisten“, ließ Finanzmini­ster Hans Jörg Schelling berechnen. Die viel kleinere Europäisch­e Bankenaufs­icht (EBA), um die sich Wien ebenfalls beworben hat, würde das BIP immerhin noch um

39,7 Millionen Euro im

Jahr steigern. Die Schaffung von 2000 Arbeitsplä­tzen durch die Ansiedlung der

EMA und die 400 Arbeitsplä­tze rund um die EBA sind ein weiterer Anreiz für Schelling, sich für deren Umzug nach Wien einzusetze­n.

Der Finanzmini­ster wird bei der heutigen Ratssitzun­g der 27 nach dem Ausscheide­n Großbritan­niens verblieben­en Außen- und Europamini­ster Sebastian Kurz vertreten, der in Wien mit Koalitions­verhandlun­gen beschäftig­t ist. Schärfste Konkurrent­en für Wien unter den 19 Bewerbern für die EMA sind Bratislava und Mailand. Die Slowakei ist unter den fünf Eu-ländern ohne Eu-agentur das wirtschaft­lich stärkste. Für Mailand spricht nicht nur, dass die EMA seit 2011 vom Italiener Guido Rasi geführt wird, sondern auch die Größe und internatio­nale Anbindung der Stadt.

Wien bietet der EMA Räume im neuen Austria-campus beim Praterster­n oder in der Seestadt an, die EBA könnte an der Linken Wienzeile nagelneue Quartiere beziehen. Entscheide­t mit: Hans Jörg Schelling

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