„Europa muss sich gegen Apple und Co behaupten“
Mario Moretti Polegato, CEO des italienischen Schuhherstellers Geox, über Monopole und Steuervermeidung von Us-konzernen, E-commerce und Alibaba im Schuhbusiness sowie Middle High Heels für Frauen.
Haben Sie den Schock, dass Italien bei der Fußball-weltmeisterschaft nur zusehen darf, schon verdaut? MARIO MORETTI POLEGATO: Es ist ein nationales Drama. Fußball ist nicht nur unser populärster Sport. Il Calcio steht mit Pisa, Espresso, Eiscreme auch herausragend für Italiens Image in der Welt. Was ist schuld? Milan, Juve, Roma investieren Riesensummen in internationale Goalgetter. Unser Team hat nicht den Zug zum Tor.
Dass Italien nicht zur WM darf, trifft Sie bei der globalen Bewerbung sportlicher Schuhmodelle? Nein. Geox ist in einem anderen Sektor. Wir stehen für Schuhe, die italienisches Design und Technologie vereinen. Sie bedeuten Lifestyle für Kinder, Frauen und Männer.
Im Gegensatz zur Squadra Azzurra spielen Sie in Russland groß auf. Wie läuft dort die Exportoffensive von Geox?
Unser Geschäft in Russland wächst zweistellig, mit derzeit rund 60 Markengeschäften und zahlreichen Multibrand-stores.
Sie haben offenbar schon den Zug zum Tor. Geox spielt von Treviso aus in der Weltliga vorne mit. In Italien sind wir als Marke und bei Marktanteilen die Nummer eins und binnen sehr kurzer Zeit schufen wir auch eine globale Marke. Von Veneto aus verkaufen wir Geox-schuhe in 110 Ländern, von Japan bis in die USA. Wir sind in allen großen Hauptstraßen der Weltmetropolen. Aber nicht im Luxussegment, dessen Markt limitiert ist. Wir sind im Mittelpreissegment. Damit eröffnen wir vielen Menschen den Luxus trockener, atmungsaktiver Schuhe sowie italienischer Designqualität. Wir haben die besten italienischen Stylisten für eine ansprechende Kollektion für Frauen geholt. Anfangs haben wir bequeme Mokassins produziert, jetzt haben wir eine große Damenkollektion von Middle High Heels mit mittelhohen Absätzen und Lederqualität. Wir setzen auf Style, nicht auf Mode, die nur drei Monate lang währt.
Wir sind hier auf dem Innovationskongress in Villach. Wie steht es um neue Entwicklungen?
Die erfolgreichste Innovation der jüngsten Zeit ist Amphibiox Geox, wasserdichte und den- noch atmungsaktive Schuhe speziell für den Winter. Mit dem Nebula-system rüsten wir auch „atmende“Jacken aus. Und weltweit stylen wir nun unsere Geschäfte italienisch. Mit Mosaikböden, mit Ventilatoren an der Decke und großen Poren in Eingangswänden, weil unsere Schuhe atmen. Mitten in jedem Geschäft steht ein Lerncomputer, wo man alles über die Geox-technologie ansehen kann.
Sie rüsten Ihre Geschäfte auch in Österreich um? Wie laufen diese?
Wir haben 22 Geox-shops, die wir nächstes Jahr beginnen werden umzustylen, und sind in 200 Multibrand-stores. In Österreich läuft das Geschäft gut. Es war zwar im Oktober zu heiß, aber für das Gesamtjahr sind wir optimistisch.
Wie treibt Geox sein Geschäft mit E-commerce voran, das den Handel weltweit revolutioniert? Zehn Prozent unseres Gesamtumsatzes machen wir bereits mit E-commerce, wir wachsen in diesem Bereich jedes Jahr um 30 Prozent. Wir folgen hier dem globalen Markt und haben damit neben unseren eigenen Markengeschäften und den Multibrand-stores insgesamt drei Vertriebswege.
Wie wird sich E-commerce weltweit entwickeln?
Wir steuern auf eine neue Zeit zu. E-commerce ist Lean Economy und eröffnet völlig neue Visionen. Interessant ist dabei, was die Menschen wollen. Die Menschen wollen Freiheit,