Seehofer spielt auf Zeit
Alois Glück ist einer, der da einiges erlebt hat: den Nachfolgekampf nach dem Tod von Franz Josef Strauß, den Führungsstreit zwischen CSU-CHEF Theo Waigel und Ministerpräsident Edmund Stoiber Anfang der 90er-jahre, den Stoiber gewann. Den Putsch gegen Edmund Stoiber vor zehn Jahren und das Gezerre um dessen Nachfolge. Glück ist Landwirt, hat die Csu-fraktion geführt und Csu-grundsätze formuliert. Wenn Stamm das Herz ist, ist Glück das Gewissen der Partei. Er sagt, eine vergleichbare Aggressivität habe er in all seinen Jahrzehnten in der CSU nicht erlebt. „Das ist zerstörerisch.“
Nun haben beide – Horst Seehofer und Markus Söder – immer schon einigermaßen offen ihr Konkurrenzverhältnis gepflegt. Söder, derzeit bayerischer Finanzminister, hat aus seinen Karrierezielen irgendwann kein formuliert als Wunsch nach einem „geordneten Übergang“. Ein Staatssekretär, mehrere Landtagsabgeordnete, drei der zehn Csu-bezirksverbände, Kreisvorsitzende. Sie kommen alle aus dem Söder-lager. Söder selbst hat sich bei einer Versammlung der Csu-nachwuchsorganisation Junge Union mit Schildern ablichten lassen, auf denen er als Ministerpräsident gefordert wurde. Seehofer hat dazu immer wieder dasselbe gesagt: Die Personaldebatte schade der Partei. Nach den Sondierungsverhandlungen wollte er sie lösen.
Nun sind die Sondierungen anders zu Ende gegangen, als es auch die CSU dachte. Csulandtagsfraktion und Parteivorstand tagten am Donnerstag. Einen Showdown konnte man erwarten: Aber wieder wurde verschoben. Alle seien sich einig, dass die Lösung „vernünftig miteinander besprochen werden muss“, sagt Fraktionschef Thomas Kreuzer. Bis zum Parteitag Mitte Dezember soll nun die Personalfrage geklärt werden. „Seehofer kann nicht bleiben“, sagen die einen. Die Ämter des Ministerpräsidenten und Parteichefs würden aufgeteilt, mutmaßen andere. Mit Seehofer? Mit Söder? Oder wird doch der ausgleichende Chef der Konservativen im Eu-parlament, Manfred Weber, neuer Parteichef ? Und die bayerische Wirtschaftsministerin Ilse Aigner übernimmt den Ministerpräsidentenposten? Stamm sagt, die Person an der Spitze müsse die Begabung haben, „die Spaltung zu beseitigen“.
Der Tag zeigte einen äußerst freundlichen Markus Söder: Es sei eine „sehr positive Sitzung“gewesen, bekundete er. Es gehe nun darum, „Vertrauen zurückzugewinnen“. Das gilt für die CSU, aber wohl auch für Söder selbst.