Kleine Zeitung Steiermark

Subversive Schelme

- Werner Krause

Wolfram Berger schuf ein neues Glanzstück – eine Bühnenvers­ion des „Soldaten Schwejk“. Ein Gespräch über Subversion und die maß- und zeitlose Macht der Dummheit.

Herr Berger, wer Sie auch nur halbwegs kennt, kann sich sicher sein, dass Ihnen dieser Schwejk ganz besonders ans Herz gewachsen ist.

WOLFRAM BERGER: Das ist fast eine Untertreib­ung. Ich hab diesen Jahrhunder­toman von Jaroslav Haˇsek ja vor einiger Zeit als Hörspiel eingelesen und der Schwejk hat mich einfach voll gepackt.

Sie haben aus der Geschichte nun eine Bühnenvers­ion geformt. Was macht diesen Schwejk eigentlich so zeitlos und auch brisant?

Der Aberwitz der Verantwort­lichen für all die Verwaltung­sapparate ist ja noch immer dem k. u. k. System ähnlich. Das gilt nicht nur für unser Land, das gilt weltweit. Das Prinzip vom Schwejk ist es ja, all den Idioten mit bauernschl­auer Naivität den Teppich unter den Füßen wegzuziehe­n, sie mit der Wahrheit zu konfrontie­ren und völlig zu verwirren. Das ist so fasziniere­nd, so grandios, dass es für mich zu einer Art Lebenshilf­e wurde. Ich bin geradezu süchtig nach den Sätzen in diesem Werk.

Schwejk leistet ja auf unkonventi­onelle, aber sehr raffiniert­e Weise Widerstand. Ist Widerstand nicht fast ein Fremdwort geworden?

Ja, leider. Aber vielleicht ist der Schwejk da beispielha­ft und ermunternd.

In welcher Form?

Er unterwande­rt das irrwitzige System ja permanent, aber auf ganz andere Weise. Er gibt scheinbar immer wieder klein Kongeniale­s Duo: Wolfram Berger mit seinem Sohn Florentin realisiere­n den „Schwejk“

bei und lässt seine Gegner dann voll auflaufen. Er ist gutmütig, liebevoll, er bekennt sich zu seiner Blödheit, die ihm beim Militär ja attestiert wurde, und richtet mit all diesen Eigenschaf­ten das größte Chaos bei allen echt Wahnsinnig­en an.

Damit käme man aber heute wohl nicht mehr weit?

Nein, sicher nicht. Ich glaube, man müsste den Widerstand fast völlig neu definieren, weil ja auch die Möglichkei­ten fast grenzenlos und zum Teil auch sehr negativ und manipulati­v sind, etwa mit all diesen Fakegeschi­chten. Die Leute nehmen einfach alles hin, das ist das Problem. Und wenn da einer mit der Faust dagegenren­nt, ist auch das sinnlos, das kann nicht die Lösung sein. Na ja, einige schon, ich weiß es jetzt wirklich nicht genau, aber so zwanzig oder dreißig sind es wohl. Und ein anderes wichtiges Element ist die Musik.

Die Ihr Sohn Florentin beisteuert. Wie ergab sich das?

Wir haben das probiert und es war auf Anhieb eine tolle Erfahrung, wie mein eigener Bub musikalisc­h auf die Geschichte­n reagiert hat und sie eigentlich auch kommentier­t.

Nun gab es ja schon einige Verfilmung­en, ab und zu recht kitschige, was ist denn Ihr Hauptanlie­gen?

Zu zeigen, dass in diesem Werk auch enorm viel subversive Schärfe steckt. Mir ist es wichtig, immer wieder auf den grausamen Hintergrun­d, also den Krieg und all den Wahnwitz zu verweisen und mit ins Spiel zu bringen. Das ganze war ja kein Lustspiel damals, und der Jaroslav Haˇsek ist, wie viele andere Künstler auch, an der Realität mehr oder weniger zerbrochen.

Mit welchem Gefühl soll das Publikum denn die Aufführung verlassen?

Mit einer gewissen Art von trotziger Lebensfreu­de. Und mit dem Gefühl, dass es auch in diesem momentanen Jammertal durchaus Alternativ­en gibt.

Schwejk. Mit Wolfram Berger und Florentin Berger (Musik). Theatercaf­é Graz, Mandellstr­aße 11: 28. und 29. 11. (20 Uhr). Karten: (0316) 82 53 65.

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Nun spielen Sie im Stück ja nicht nur den Schwejk. Wie viele Rollen sind es insgesamt?

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