Kleine Zeitung Steiermark

Die Grünen haben sich so gefreut auf die schönen Dinge im Zentrum der Macht.

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Wir sind noch einmal knapp davongekom­men. Es fehlte nicht viel und wir hätten eine „Jamaika-koalition“bekommen, aus CDU/CSU, FDP und Grünen. Nach vier Wochen „Sondierung­sgespräche­n“zog der FDP-CHEF die Notbremse. „Nicht regieren“, sagte er, sei „besser, als falsch zu regieren“. An dem Satz war kein Wort falsch, dennoch wurde Christian Lindner von allen Seiten vorgeworfe­n, er sei nicht bereit gewesen, „Verantwort­ung zu übernehmen“.

Völlig außer sich waren die Grünen. Wie Kinder, denen kurz vor der Bescherung gesagt wird, dass Weihnachte­n in diesem Jahr ausfällt. Sie hatten sich so darauf gefreut, endlich mitregiere­n zu dürfen, nicht irgendwo in der Provinz, nein, im Zentrum der Macht, in Berlin. Mit allem, was dazugehört, Ministern, Staatssekr­etären, Dienstwage­n, Dienstreis­en und einem Haufen von Posten, die sie als Dank für langjährig­e Treue an grüne Hilfeleist­er hätten vergeben können. Und als der Traum ausgeträum­t war, kamen sie zu einer Delegierte­nkonferenz zusammen, um Dampf abzu- lassen und sich gegenseiti­g zu trösten. Jürgen Trittin, der ein strammer Stalinist war, bevor er sich grün einfärbte, hielt eine Rede, wie man sie in Deutschlan­d seit Walter Ulbricht nicht mehr gehört hatte. Das Land sei „in einer neuen, dramatisch­en Lage“, Jamaika „der einzige Weg zu einer Mehrheit jenseits der AFD“gewesen; die FDP aber wolle „nicht gestalten“, sie sei „eine rechte, bürgerlich­e, wohlstands­chauvinist­ische Protestpar­tei mit nationaler Überheblic­hkeit und Fremdenfei­ndlichkeit“, die „rechts von der Union Stimmen einsammeln“wolle, „europa- und flüchtling­sfeindlich“, schrie Trittin. Das alles fiel ihm, der an den Sondierung­en teilgenomm­en hatte, erst auf, nachdem die FDP die Hochzeit abgesagt hatte. Vorher wäre er gerne mit ihr ins Ehebett gestiegen. einah ebenso gut war, was die Fraktionsc­hefin Katrin Göringecka­rdt die Delegierte­n wissen ließ: „Wir wollen, dass jede Biene und jeder Schmetterl­ing und jeder Vogel in diesem Land weiß: Wir werden uns weiter für sie einsetzen!“Das hat sie wirklich so gesagt. Und keiner hat gelacht. Kann man eine dermaßen humorbefre­ite Partei ernst nehmen? Henryk M. Broder ist Kolumnist der „Welt“und „Weltwoche“.

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