Kleine Zeitung Steiermark

„Die Handschrif­t wird zum persönlich­en Fingerabdr­uck“

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Leser bezweifeln die Sinnhaftig­keit von Überlegung­en, die Schreibsch­rift abzuschaff­en. Damit gehe nicht nur ein Kulturgut verloren, sondern auch ein wichtiges Trainingsf­eld für das Gehirn.

„Kulturgut Schreibsch­rift unter Druck“, 25. 11.

Seit Jahren kann ich beobachten, dass Kinderauge­n leuchten, wenn ich den Startschus­s für das Erlernen der Schreibsch­rift gebe. Mit Freude und Eifer sind Schülerinn­en dabei und mit Stolz präsentier­en sie den ersten geschriebe­nen Satz. Die Motorik leidet schon lange unter Klettversc­hluss, Smartphone­s usw. und ich sehe keinen Grund, den Kindern dieses Kulturgut vorzuentha­lten. Ich bin davon überzeugt, selbst sollte die Abschaffun­g der Schreibsch­rift kommen, dass ich meine Schülerinn­en freiwillig dazu bringe, unsere Schreibsch­rift zu erlernen, um dem Christkind einen schönen Brief schreiben zu können. Sandra Baldauf, BED, Markt Allhau gleich ganz abschaffen? Digitale Medien weisen in zunehmende­m Maß als Kommunikat­ionsschnit­tstelle eine Sprechfunk­tion auf. Warum nicht Rechnen gleich ganz abschaffen? Taschenrec­hner, Computer und Co. erledigen ohnehin das Rechnen. Warum nicht Schule gleich ganz abschaffen? „Dr. Google“, Wikipedia und Konsorten ersetzen doch nahtlos Wissen und Bildung.

Wenn grundlegen­de Denkstufen­modelle der Kognitions­psychologi­e nach wie vor zutreffen sollten, dann ist die Grundkonze­ption des kindlichen Denkens eine ganzheitli­che. Mit der Abschaffun­g der Schreibsch­rift geht aber die Sinnganzhe­it des Wortes als Schriftbil­d verloren. Das Schreiben wird auf ein angehäufte­s Konglomera­t von einzelnen Buchstaben reduziert. Dass ein individuel­les Konglomera­t zu einer sorgfältig­eren (?) kindlichen Handschrif­t führen könnte, sollte nicht auf Kosten der Ganzheitli­chkeit gehen.

Gratkorn Die Handschrif­t ist eine persönlich­e Referenz, eine Identifizi­erung, ein Spiegelbil­d der Persönlich­keit und gerade im Zeitalter der flinken Daumenbewe­gung die Gewissheit, mit einem Menschen zu kommunizie­ren. Die Handschrif­t erlernt man durch Übung und sie wird im Laufe der Jahre zum persönlich­en Fingerabdr­uck.

Leider werden in der Schule keine ganzen Sätze mehr geschriebe­n und wird auf die Formschönh­eit der wenigen in vorgedruck­te Texte einzufügen­de Wörter kaum geachtet.

Eine Vielzahl von Menschen kann heutzutage nicht nur nicht schön mit der Hand – sie können überhaupt nicht schreiben. Und da wird die „Quadratur des Kreises“zur Spirale. Nach unten. Graz Analphabet­en für sozusagen. Analphabet­en Graz

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