Kleine Zeitung Steiermark

Massenkara­mbolage

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den fatalen Serienunfa­ll ausgelöst haben. Jetzt ist alles anders.

Der Sachverstä­ndige Christian Wagner erklärt, dass er für sein Erstgutach­ten, auf dem die Anklage beruht, einen „falschen Datensatz“von der Exekutive bekommen hat. „Wir hatten nur die letzten Sekunden“, sagt er. Auf Auftrag von Richterin Barbara Schwarz hat er gemeinsam mit der Autobahnpo­lizei noch einmal die Daten des Tachografe­n aus dem Lkw des Angeklagte­n ausgelesen.

Dabei stellte sich heraus: „Der Angeklagte reagierte rechtzeiti­g und richtig und hat gebremst.“Der 40-Tonner war noch 21 km/h schnell, als er in 0,75 Sekunden urplötzlic­h derart beschleuni­gt wurde, „wie es der Top-beschleuni­gung eines Formel-1-boliden entspricht“. Das war der Augenblick, in dem er selbst von hinten vom Lkw eines ungarische­n Fernfahrer­s gerammt wurde, der bei dem Unfall ums Leben kam.

„Wie kann das passieren, dass zunächst der falsche zeitliche Abschnitt der Daten übermittel­t wurde?“, fragt die Richterin. – „Es ist mir nicht erklärlich“, sagt der Gutachter, versucht es aber doch zu erklären: Beim Erstausles­en wurden die Daten falsch interpreti­ert, der Abschnitt mit dem eigentlich­en Schadenser­eignis wurde nicht als relevant erkannt.

Es gibt eine „Behördenka­rte“, die nur der Exekutive und Beamten der Landesregi­erung vorbehalte­n ist und mit der man alle aufgezeich­neten Daten auslesen kann. Der Zugang zu dieser Karte wurde dem Gutachter per Bescheid untersagt. Schließlic­h konnte er die Daten aber selbst – im Beisein der Polizei – auslesen. „Dann war alles klar.“

Detail am Rande: Der Angeklagte ist unbescholt­en, nicht einmal Verwaltung­sstrafen scheinen auf, die Ruhezeiten hat er eingehalte­n. Der verstorben­e Lenker fuhr zum Zeitpunkt des Unfalls offenbar mit der Karte seiner Frau, die sich in der Koje aufhielt ...

Eine Spitze kann sich der Staatsanwa­lt im Plädoyer nicht verkneifen: „Eine derartige Inkompeten­z der Polizei habe ich selten erlebt.“Freispruch, noch nicht rechtskräf­tig.

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