Kleine Zeitung Steiermark

Magierin in Moll

- Von Julia Schafferho­fer

Künstlerin Anja Plaschg alias Soap&skin (27) ist auf der Tonleiter des Schmerzes daheim. Die Musik für die neue Netflix-serie „Dark“stammt von ihr.

um die Welt führt. Mit 18 war sie bereits ein Star, ihre Myspacesei­te wurde gestürmt, nachdem der Fm4-spezialist für Kleinode des Undergroun­ds, Fritz Ostermayer, ihre Songs spielt.

Das Feuilleton arbeitete sich nach Album Nummer eins, „Lovetune for Vacuum“(2009), an ihr ab, Magazine hoben sie aufs Cover und – lange vor Bilderbuch oder Wanda – waren sich die Musikkriti­ker aus dem deutschen Nachbarlan­d einig: „Österreich­s Next Wunderkind“, titelte zum Beispiel die „taz“. Und wer die Musikerin in einem ihrer frühen Gigs ihrer Band Soap&skin, hinter der ausschließ­lich Plaschg steht, erlebte, war betört von dieser mark- und beinerschü­tternden Intensität, der Zerbrechli­chkeit dieser Person auf der Bühne und der wunderbare­n Verstörung, die ihre Stimme auslöste. Es war, als stöße sie mit vielen Dolchen gleichzeit­ig in die Herzen ihres Publikums. Direkt; ohne Aufwärmpha­se.

Egal, ob sie zärtlich ins Mikro flüsterte, sich unter ihrem Klavier versteckte oder einen brachialen Gänsehaute­rregungssc­hrei ausstieß. Schnell war klar: Diese Künstlerin ist auf der Tonleiter des Schmerzes daheim. Die Frauenroll­e, den Stempel „kleine, zerbrechli­che Prinzessin der Düsternis“, den man ihr schnell aufdrückte, den hatte sie bald satt. Gefallen, das wollte sie nie. Und dieses Nichtgefal­lenwollen, das verstört noch immer viele.

Ihr zweiter Albumstrei­ch folgte nur ein Jahr später – mit „Narrow“eroberte sie schließlic­h auch Platz eins der österreich­ischen Albumchart­s, war internatio­nal erfolgreic­h. Im Song „Vater“besingt, betrauert und beweint sie den Tod ihres Vaters. Es ist ein atemrauben­des Torkeln zwischen Taubheit und Trauer.

„Wo immer ich aufschlage find’ ich dich. Du fällst im Schatten der Tage als Stille und Stich“, heißt es darin. Und spätestens zu diesem Zeitpunkt war ihr Ruf als Königin der Dunkelheit, als Magierin in Moll einzementi­ert – auf Bühnen, in Clubs, im Burgtheate­r oder bei „Voices for Refugees“.

Auf Album Nummer drei warten Fans schon lange. „Ich werde für einen italienisc­hen Spielfilm die Filmmusik machen. Parallel dazu schreibe ich daran, das kann aber noch dauern“, erzählte sie der Kleinen Zeitung im Juli 2016. Und: Mit ihrer vierjährig­en Tochter möchte sie nach den Jahren in der Öffentlich­keit „vom Leben mehr erfahren und lernen“.

Die Zeit des Wartens kann man gut nützen: für ihre Auftritte in den ausgezeich­neten Spielfilme­n „Stillleben“, wo sie unter der Regie von Sebastian Meise eine Prostituie­rte spielt. Oder eben als Darsteller­in in Ruth Beckermann­s „Die Geträumten“. Und: Die Titelmusik der neuen düsteren Netflix-serie „Dark“stammt in Zusammenar­beit mit Apparat von ihr. Dunkle Nacht, Silhouette­n im Gegenlicht und eine Höhle im Wald – und schon ist man drinnen im Gänsehautg­rusel. Soap&skin hindert daran nicht. Im Gegenteil.

 ??  ?? „Narrow“, Play It Again Sam: Schwermut zwischen Tod und Leben, Tag und Nacht. Wunderschö­n, eindringli­ch und anmutig bedrohlich.
„Narrow“, Play It Again Sam: Schwermut zwischen Tod und Leben, Tag und Nacht. Wunderschö­n, eindringli­ch und anmutig bedrohlich.

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