Kleine Zeitung Steiermark

Für alle eine „Frage der Ehre“

- Hans Winkler

Jerusalem ist seit 1950 die Hauptstadt Israels und nicht erst seit 1967, als Israel im Sechstage-krieg auch den Osten der Stadt eroberte. Es war immer auch eine jüdische Stadt und hatte in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunder­ts sogar eine jüdische Bewohnerme­hrheit. Juden lebten neben arabischen Moslems und arabischen Christen im Ostteil und in der Altstadt, bis diese im Unabhängig­keitskrieg 1948 von Jordanien besetzt wurden. Wenn Jerusalem für die Moslems eine „Frage der Ehre“ist, dann ist es das im gleichen Maß für die Juden.

Üblicherwe­ise haben andere Staaten ihre Botschafte­n in der Hauptstadt des jeweiligen Landes. Eine Ausnahme bilden nur der Vatikan und Israel. Die internatio­nale Gemeinscha­ft hat sich seinerzeit darauf geeinigt, die Botschafte­n in Tel Aviv anzusiedel­n, bis der Status von Jerusalem in einem Friedensab­kommen zwischen Israel und den Palästinen­sern geklärt ist.

Aber seit 1967 ist das eine Fiktion. Die Stadt ist vereinigt und unbestritt­en die Hauptstadt Israels. Was will man eigentlich noch damit demonstrie­ren, dass man die Botschafte­n nicht dorthin verlegt? Es ist nur noch kontrafakt­ische Symbolpoli­tik. Sonst dürften die Diplomaten nicht jeden Tag von Tel Aviv zu ihren israelisch­en Gesprächsp­artnern hinauf nach Jerusalem fahren.

Alle Welt redet von der künftigen Zwei-staaten-lösung. Abgesehen von der Frage, ob es dafür überhaupt noch die Möglichkei­t gibt, ist eines völlig klar: Jerusalem würde jedenfalls die Hauptstadt des israelisch­en Staates sein. Oder will man die Palästinen­ser in der Hoffnung wiegen, es könnte so etwas wie eine „Internatio­nalisierun­g“Jerusalems als Stadt dreier Religionen geben? ie Entscheidu­ng der USA ist die Lösung für nichts – momentan zumindest. Aber sie nimmt einmal die Fakten zur Kenntnis und räumt mit den Illusionen und Heucheleie­n der Nahostpoli­tik auf.

Und sie weist sichtlich auch über die Zweistaate­n-lösung hinaus. Vielleicht macht Donald Trump nicht nur Fehler.

war Leiter der Wiener Redaktion der Kleinen Zeitung

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