Kleine Zeitung Steiermark

„Ich bin, was ich bin“

- Von Manuela Swoboda

Karl Schwarzenb­erg ist heute 80 Jahre alt. Im Interview spricht „Genosse Fürst“über das Dilemma in der österreich­ischen Innenpolit­ik, den Bananenanb­au in Murau und schlampert­e Verhältnis­se.

Diese Woche wurde der umstritten­e Milliardär Andrej Babisˇ zum tschechisc­hen Regierungs­chef ernannt: Die Lage in Tschechien nennen Sie „verdammt ernst“. Weshalb? KARL SCHWARZENB­ERG: Es ist für mich immer bedenklich, wenn ein Chef der wesentlich­en Medien eines Landes den mächtigste­n politische­n Posten erreicht. Babiˇs behauptet zwar, er hätte den Besitz übergeben, aber das kann er meiner Großmutter erzählen.

In einem tschechisc­hen Bonmot heißt es: „Wenn wir so blöd wären, wie wir wählen, müsste man sich wirklich Sorgen machen um uns Tschechen.“Ist das so? Tschechen wissen sehr genau über sich selbst Bescheid. Wir haben einen herrlichen trockenen Humor hier.

Welche demokratis­chen Unterschie­de fallen Ihnen zwischen Tschechien und Österreich auf? Österreich wurde mehr als 30 Jahre früher frei als Tschechien. Da konnten sich in Österreich doch über einen längeren Zeitraum mehr demokratis­che Tranicht ditionen und Umgangsfor­men entwickeln. Aber beide Länder haben ähnliche Schwächen. In Österreich hatten wir immer ein etwas schlampert­es Verhältnis zur Ns-vergangenh­eit. In Tschechien verhält es sich fast spiegelbil­dlich, was die kommunisti­sche Vergangenh­eit betrifft. Beide Länder haben offensicht­lich eine Neigung, die klassische Demokratie ein wenig beiseitezu­schieben, um sich autoritäre­n Regimen zu nähern.

Auch in Österreich?

Auch hier. Das drückt sich nur anders aus. Vor ein paar Jahren wurden die Chefs von Asfinag und ÖBB abgesetzt, weil sie der „Kronen Zeitung“nicht genügend Inserate gegeben hatten.

Sie meinen das – eingestell­te – Verfahren in der „Inseratena­ffäre“rund um Werner Faymann. Österreich nähert sich blitzschne­ll der tschechisc­hen Republik an. Auch die fremdenfei­ndlichen Äußerungen der FPÖ kenne ich von diversen Parteien in Prag.

Sie haben Sebastian Kurz ein- mal attestiert, er sei dem Populismus verfallen.

Verfallen habe ich nicht gesagt, aber dass er gewisse populistis­che Züge zeigt, das ist richtig.

Sie haben auch gesagt, dass sich eine „auf Bünden und Ländern gegründete Partei wie die ÖVP so aufgegeben habe“, sei ein Verzweiflu­ngsakt gewesen. Wie meinen Sie das?

Wir sind in der ÖVP weit entfernt vom christlich­sozialen Inhalt, der am Anfang noch sehr stark war. Jetzt ist alles konzentrie­rt auf eine Person, an die sich alle Hoffnungen knüpfen. Allein dass es heute „ÖVP – Liste Kurz“heißt: Das hat es selbst unter einer Persönlich­keit wie Julius Raab nicht gegeben. Unvorstell­bar: „ÖVP – Liste Raab“. Was auch nicht vergessen werden sollte: Die Republik ist aus den Bundesländ­ern entstanden, die Bundesländ­er als Aufteilung einer einheitlic­hen Republik Österreich. Ich bin ja leider Gottes wirklich schon ein alter Mann, und ich hatte die Ehre, alle Bundeskanz­ler zu kennen, angefangen von Leopold Figl. Christian Kern habe ich nicht gekannt, der war zu kurz. Wenn man alle gekannt hat, merkt man den Wandel in der Politik. Sowohl ÖVP als auch SPÖ haben sich von ihren Wurzeln entfernt.

Bruno Kreisky hat Anfang der 1970er-jahre mit dem Slogan „Leistung, Aufstieg, Sicherheit“geworben, Sebastian Kurz warb nun mit Ähnlichem.

Kreisky hatte großes politische­s Talent, auch Kurz hat das. Beide wissen, wie man Wähler anspricht. Es ist nur natürlich, dass sie sich in manchem ähneln. Wenn manche Kurz vorwerfen,

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