Kleine Zeitung Steiermark

Am Ministerra­tstisch war Grasser unübersehb­ar und unüberhörb­ar. Stille Zurückhalt­ung war nicht seine Art.

- Martin Bartenstei­n

Ex-wirtschaft­sminister als Sekretär in den Fpö-parlaments­klub verpflicht­et. Dass der Uni-absolvent mit dem athletisch­en Körper wegen einer „Magenerkra­nkung“keinen Präsenz- oder Zivildiens­t leisten musste, war gewiss nur ein bedauerlic­her Zufall.

Der Blitzaufst­ieg machte Grasser loyal, aber nicht unterwürfi­g. Er lernte schnell. Schon wenige Tage nach Amtsantrit­t fuhr er nach Graz, um beim steirische­n Fpö-landesrat Michael Schmid politische Nachhilfe zu nehmen – wie man Sprechtage hält, ein politische­s Büro führt, Regierungs­akten erledigt.

Bald nahm Grasser sich das in Fpö-kreisen unerhörte Recht heraus, den Herrn und Meister öffentlich zu kritisiere­n – so beschied er Haider in einem Interview, dieser hätte zum damals von Ns-veteranen frequentie­rten Ulrichsber­gtreffen „besser nicht hingehen sollen“. Grasser galt als vergleichs­weise liberal, er wollte die FPÖ vom braunen Umfeld befreien.

Als er die Mühsal dieses Unterfange­ns ermaß, zog er es erst einmal vor, der Politik den Rücken zu kehren. Die Rivalität zu Haider speiste sich auch aus Zielkonfli­kten. „Grasser bereitet sich auf das Amt des Landeshaup­tmanns vor“, ließ er schon 1996 von einem Vertrauens­mann ausrichten. Doch bekanntlic­h wurde Haider selbst 1999 zum zweiten Mal Regierungs­chef in Kärnten.

1998 heuerte Grasser beim Autozulief­erkonzern Magna an, der damals auf Altpolitik­erverwertu­ng spezialisi­ert war. Schon dieser Wechsel war vom Odium des Anrüchigen umweht: Zuvor hatte der Vizelandes­hauptmann noch rasch einen Seegrund am Wörthersee umgewidmet, der ausgerechn­et Magna-eigentümer Frank Stronach gehörte. n solchem Rumor stieß sich Haider freilich nicht. Er wusste um das Ausnahmeta­lent des Ziehsohns und umgarnte den Jüngeren mit Rückkehr-angeboten. Vor der Nationalra­tswahl 1999 bot er ihm sogar die Spitzenkan­didatur an, wie sich Eingeweiht­e heute erinnern.

Grasser lehnte ab, und letzten Endes war wohl Bundespräs­ident Thomas Klestil schuld an seinem politische­n Comeback. Denn erst als Klestil den Industriel­len Thomas Prinzhorn als Finanzmini­ster ablehnte, schlug Grassers Stunde als

Asmarteste­r Finanzmini­ster der Republik seit Hannes Androsch.

Und Grasser wusste diese Rolle medien- und marktgerec­ht zu füllen. Er heftete sich das „Nulldefizi­t“auf die Fahnen (es wurde einmalig mit viel Schönrechn­en und gewaltiger Steuerlast erreicht) und lobte sich mit markigen Sprüchen

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Hochgejube­lt und verfolgt: Grasser wurde vom Liebling zu einem Feindbild der Nation. Im Blitzlicht stand er immer
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