Entwachsene Sohn
Während die mit feinem Gespür agierende Eva Hofer im Tierkostüm zwischen den Reliquien der gemeinsamen Erinnerung umherwandert, sucht sie nach Erklärungen für die neue Begeisterung an den alten Ideen des überhöhten Patriotismus: „Mein Europa begann mit dem Fall der Mauer, seines mit der Festung Europa.“Die hart erkämpfte Freiheit, sie hat plötzlich keinen Wert mehr.
Nach dem Erfolgsstück „Der Bau“inszeniert das Theater im Bahnhof mit „Sohn“die nächste Produktion, die sich bewusst und diesmal ohne den Umweg des Subtilen dem Politischen zuwendet. Der Untertitel gibt unter der Regie von Ed. Hauswirth den roten Faden vor: „Angenommen, du bist die Mutter eines Radikalen.“Radikal bedeutet hier rechtsnational, für andere Zwischentöne bleibt in dieser Verortung kein Platz. Weniger der zwischenmenschliche Konflikt als der Kontrast zweier ideologischer Archetypen wird hier thematisiert.
Irgendwann fallen dann die Hüllen: Was bislang noch in ein Variantenreich im Alleingang: Eva Hofer Panda-narrativ verpackt war, mündet in ein unverstelltes Plädoyer. Die Verkleidung wird abgeworfen, fortan Tacheles geredet. Über Verantwortung und Lethargie, Naivität und Ironie als unzureichendes politisches Mittel. Ein emotionaler Ausruf gegen die Indifferenz, mahnend und kritisch, das Theater hinter sich lassend. Begeisterter Applaus des Publikums.
Sohn. Theater im Bahnhof. Termine: 14., 15. Dezember, 11., 18., 19., 25., 28. Jänner, 20 Uhr. Kunsthalle Graz, Conrad-von-hötzendorf-straße 42a. Karten: Tel. (0)316 76 36 20.