Kleine Zeitung Steiermark

Ein Mörder im Weichzeich­ner

- Bernd Melichar

Über den Film „Jack“von Elisabeth Scharang.

Von der Richtergat­tin bis zur Kellnerin, Jack hatte sie alle im Bett – und gerne damit geprahlt, sogar Tagebuch über seine Liebschaft­en geführt. Liebe? War er dazu fähig? Psychiater haben das verneint. Ein Narzisst – und ein solcher war Jack Unterweger ohne Zweifel – ist nur sich selbst zugeneigt.

Elisabeth Scharang hat in ihrem Film über „Jack“eine grandiose Schauspiel­erriege auffahren lassen. Allen voran Johannes Krisch, der den verurteilt­en Frauenmörd­er und mutmaßlich­en Serienmörd­er mit all seinen Untiefen und Brüchen grandios verkörpert. Dennoch hinterläss­t der Film einen eigenartig­en Beigeschma­ck.

Warum? Scharang ist eine vielfach ausgezeich­nete Regisseuri­n, doch „Jack“ist so weichgezei­chnet, dass er seine Konturen verliert. Vor allem jene Szenen, in denen es um den Mord an einer 18 Jahre alten Frau ging, für den Unterweger 15 Jahre in Haft saß, muten wie ein durchgesty­ltes Wintermärc­hen an. Das ist irreführen­d, denn die Realität war nicht winterweiß, sondern blutrot – und das Gesicht des Mordopfers von der Stahlrute des Mörders bis zur Unkenntlic­hkeit zerstört. Fotos davon liegen in der Tatortmapp­e auf.

Das Leben ist kein Arthouse-film. Das Leben des Jack Unterweger schon gar nicht. Auch wenn er das gerne gehabt hätte.

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