Die unsichtbare Hand des Bundespräsidenten
Hofburg, Gremien, Kahlenberg. Nach nächtlicher Einigung trafen sich die neuen Koalitionspartner zu einem Tag politischer Rituale wieder.
„Guten Morgen – soweit ein Morgen gut sein kann“, scherzt Alexander Van der Bellen, als er seine Gäste vor der Tapetentür abholt. Alle drei sehen nicht sehr frisch aus. Der Präsident hatte bis zuletzt vorsichtig mitsondiert, um alle möglichen Angriffsflächen, die die neue Regierung bieten könnte, schon im Vorfeld aus der Welt zu schaffen. Seinen Gästen, Sebastian Kurz und Heinz-christian Strache, waren die Strapazen deutlich anzusehen, die der Endspurt der Verhandlungen hinterlassen hat. Es war doch noch spät geworden am Freitagabend im Palais Epstein neben dem Parlament, wo sich die meisten Verhandlungstermine abgespielt hatten. Von den nächtlichen Nachbesprechungen gar nicht zu reden.
Noch darf keiner der Eingeweihten etwas über die Inhalte sagen am Tag danach. „Die Gremien“sehen es nicht gerne, wenn sie aus Medien erfahren, was ihnen zuerst mitgeteilt werden muss. In der FPÖ steht über das ausgehandelte Paket noch eine Abstimmung an, die ÖVP hat dem Parteichef zuvor einen Freibrief gegeben. Einstimmig war die Zustimmung Am Kahlenberg, hoch über Wien: Kurz und Strache vor Flaggen im Hotel Intercontinental ebenso wie in der Politischen Akademie der ÖVP am anderen Ende der Stadt. Froh aber waren dort nicht alle. Ein Schlag ins Gesicht nannte der Tiroler Bauernbund die Ablöse von Andrä Rupprechter, den Landsmann im Landwirtschaftsministerium, durch Elisabeth Köstinger. Die gehört zwar auch dem Bauernbund an, aber eben nicht in Tirol.
Noch ist das Geheimnis der Ministernamen nicht gelüftet, das Programm geheim, da kursieren die ersten Namen. Der Finanzminister, von dem keiner zuvor geredet hatte, die Überraschungslösung für das riesige Bildungsministerium. An Professor Heinz Faßmann hätte man denken können, schließlich tritt er mit Kurz auf, seit dieser in der Politik eine Rolle spielt. Auch die Nebenwirkungen der Ernennungen beschäftigen die Kollegen: Wolfgang Sobotka steht nicht auf der Liste, was wird aus ihm? Säuerlich mimt der Befragte schon zu Mittag Freude über das Amt des Ersten Nationalratspräsidenten, das ihm aufgenötigt werden soll. Und weil Strache nun Vizekanzler ist, muss ein neuer Klubchef her. Eine Bosheit der FPÖ gegenüber dem Staatsoberhaupt macht die Runde: Johann Gudenus soll es sein, jener Mann, den Van der Bellen nicht als Innenminister wollte. Dass er auf sein Mandat schon verzichtet hatte, wird ihn nicht hindern, gemeinsam mit Walter Rosenkranz den Job zu machen. Und für Norbert Hofer wird Anneliese Kitzmüller einspringen im Nationalratspräsidium. Die Oberösterreicherin war eine von vier Verhandlerinnen, die Strache um sich geschart hatte.
Für den Nachmittag hatte man sich einen Gag ausgedacht: