Ein Freigeist mit Ecken und Kanten
Mit Karin Kneissl (52) übernimmt eine unabhängige Nahost-expertin das Außenministerium.
Sie ist parteilos, eloquent und eine echte Spezialistin ihres Fachs: Mit Karin Kneissl zieht eine außenpolitische Analystin ins Außenamt, die sich seit Jahrzehnten intensiv mit den Brennpunkten dieser Welt befasst. Die 52-Jährige gilt als ideale Konsenskandidatin: Sebastian Kurz, der „sein“bisheriges Ministerium der FPÖ überlassen muss, soll rasch einverstanden gewesen sein mit dem Vorschlag Straches, die promovierte Juristin und Orientalistin, die unter anderem und Hebräisch spricht, zu seiner Nachfolgerin zu küren. Politisch engagierte sich Kneissl bisher als Gemeinderätin in ihrem Heimatort Seibersdorf – als Unabhängige auf einem Ticket der ÖVP. Als ihr politisches Vorbild nennt sie Bruno Kreisky. Auch dessen Außenminister waren parteilos.
Kneissl beschreibt sich als pro-europäisch, als konservativen Freigeist und Liberale im ursprünglichen Sinne, mit Betonung der Eigenverantwortung des Individuums. Ihre Analysen haben Ecken und Kanten. In der Flüchtlingskrise etwa kritisier- te sie Merkels Willkommensselfies als „grob fahrlässig“. In der Flüchtlingsfrage warf sie Brüssel Versagen vor.
Diplomatie ist der Wienerin dennoch nicht fremd: In den 90er-jahren arbeitete sie unter Alois Mock im diplomatischen Dienst. Die Aufgabe selbst gefiel ihr; was sie nach eigener Aussage nervte, war der Einfluss der Parteipolitik. Damals hängte sie den diplomatischen Dienst an den Nagel und wagte den Sprung in die Selbstständigkeit als Lehrende und Publizistin. Kneissl hat sich den Ruf einer unabhängigen Nahostarabisch