Wiener Modell wirft in Berlin neue Fragen auf
Die Zusammenarbeit der ÖVP mit der FPÖ hat die Debatte beflügelt, ob die AFD ein Partner für die Union sein kann. Die CSU ist dabei schon weiter als die CDU der Kanzlerin Merkel.
Die deutsche Kanzlerin gratuliert ihrem neuen Kollegen, sie gratuliert ihm sogar „sehr herzlich“. Sechs Sätze schickt sie von Kanzleramt zu Kanzleramt, von Berlin nach Wien an Sebastian Kurz. Kurz zuvor war der junge Chef der ÖVP, der Schwesterpartei der CDU, als Bundeskanzler angelobt worden, das Standardprogramm. „Zu Ihrer Vereidigung gratuliere ich Ihnen sehr herzlich“, schreibt also Merkel an Kurz. Zur Angelobung, nicht zur Koalition mit der FPÖ.
Andere waren da schwungvoller: Cdu-präsidiumsmitglied Jens Spahn twitterte: „Jedenfalls hast du uns überholt“, und ließ damit Raum für Interpretationen: schneller verhandelt als in Deutschland? Rechts überholt? Oder einer der schnellsten der europäischen Jungpolitikerriege auf dem Posten eines Regierungschefs?
Der Chef der Gruppe der bayerischen Bundestagsabgeordneten der CSU, Alexander Dobrindt, wurde deutlicher: „Mit Sebastian Kurz haben Bayern und Deutschland einen Verbündeten mehr in Europa“, sagte der geschäftsführende Verkehrsminister in Berlin der Zeitung „Die Welt“. Auch die CSU eine Schwesterpartei der ÖVP, in vielen Fragen derzeit aber in engerer Verwandtschaft als mit der eigenen Schwesterpartei CDU, mit der man im Deutschen Bundestag immerhin eine Fraktionsgemeinschaft der Unionsparteien bildet. Die Koalition könne eine Regierung „der Veränderung und Erneuerung Österreichs“sein und „Fehlentwicklungen der Vergangenheit“korrigieren, sagte der bayerische Bundesminister also. Das Wohlwollen Dobrindts gegenüber Kurz ist dabei weniger überraschend: CSU und der damals noch als österreichische Außenminister amtierende Kurz haben über ihre Kritik an Merkels Flüchtlingspolitik zueinandergefunden.
Auch zum umstrittenen ungarischen Premier Viktor Orbán, der eine Verteilung der Flüchtlinge in der EU blockiert, pflegt die CSU einen herzlichen Kontakt. Dass die Austro-version der AFD als Regierungspartner so positive Gefühle hervorruft, ist allerdings bemerkenswert – schließlich sieht die CSU die AFD als Konkurrenten an, den es zu verdrängen gilt. Auf dem Csu-parteitag am Wochenende hat der neue Spitzenkandidat Markus Söder das ausdrücklich betont. Kanzler und Kanzlerin: Kurz und
Aber die Grenzen werden fließend. Auf dem Csu-parteitag stimmten die Delegierten auch für einen Antrag des ultrakonservativen Flügels der Partei, Flüchtlingen ohne „die erforderlichen Pass- und Visadokumente“die Einreise nach Deutschland zu verweigern. Es ist einer der Standard-streitpunkte in der Flüchtlingspolitik, weil fehlende Dokumente von den einen gleichgesetzt werden mit Betrugsversuch. Eingewandt wird dagegen, dass Pässe in manchen Ländern gar nicht ausgestellt, während der Flucht verloren gehen, von Schleppern konfisziert werden und gefälschte Dokumente nicht auf den ersten Blick zu erkennen seien.
Und die Maßgabe der Bundes-cdu, mit der AFD nicht zuist